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Berlin: Ein neuer Stern funkelt in der Berliner Nacht

Das Jahr 2006 im Thekentanz-Rückblick: Von Siegern, Absteigern und zunehmender Paderbornisierung Berlins.

Von Frank Jansen

Seltsam, dieses 2006. Monatelang schleppt sich die Berliner Barszene träge dahin, bis im November plötzlich die Fanfare erklingt: A star is born. Das Hotel de Rome präsentiert nicht nur weiteren Luxusglanz in der Stadt, sondern mit der Bebel Bar auch einen Cocktail-Tempel, der auf Anhieb Berlins elegant drinking hebt. Allerhand. Erst recht für das hiesige Hotelwesen, dessen Schänken bekanntlich nur in Ausnahmefällen metropolitanes Niveau erreichen (und dann auch nicht immer halten können). Allein der Mango-Ingwer-Caipirinha ist ein Besuch der Bebel Bar wert. Der drinking man und seine compañera könnten hier endlos testen. Hoffentlich bleibt diese Bar sich treu. Das heißt: elitär zu sein ohne arrogant zu wirken. Berlin kann’s brauchen.

Schon angesichts der Pleiten, die 2006 die drinking crowd hinnehmen musste. Vor allem das schnelle Ende des Megaclubs „Goya“ tat weh. Nicht wegen des finanziellen Verlusts der Aktionäre. Wer sein Geld in ein Glücksspiel steckt, müsste die Risiken kennen. Nein, es war die Bar- und Clubkultur, die unter dem raschen Niedergang des Goya gelitten hat. Denn es wurde die Chance vertan, den Glamour der roaring twenties zeitgemäß wiederzubeleben. Ein unsicher lavierendes Management und ein leider viel zu schnell desinteressiertes Publikum haben den Aufstieg eines neuen Sterns der Berliner Nacht vereitelt. Und vermutlich traut sich jetzt niemand mehr, den Versuch zu wiederholen. So hat sich die Bundeshauptstadt ein Stückchen paderbornisiert. Nichts gegen Paderborn, aber etwas mehr Mut zum großen Wurf als in einer westfälischen Kreisstadt darf man von Berlin doch erwarten, oder?

Die Bereitschaft zum Risiko scheint allerdings auch unterhalb des Levels spektakulärer Großprojekte nachgelassen zu haben. Außer der Bebel Bar gab es 2006 in Berlin keinen wirklich herausragenden Newcomer. Immerhin halten aber die meisten hot spots of elegant drinking den erreichten Standard. Und das ist weiterhin deutlich mehr, als die anderen Großstädte der Republik zu bieten haben. CSA-Bar, Victoria-Bar, Bellini Lounge, Reingold, Windhorst, Saphire Bar, und und und – wer kann da mithalten?

Außerdem bleibt die Kreuzberger Barszene gut im Rennen. Neben den üblichen Hardcore-Kaschemmen, die auch der drinking man nicht permanent meidet, haben sich mehrere coctelerías etabliert. Und neu dabei ist das Kirk, einstmals „Kloster“. Ausgerechnet im ärmlichen Kreuzberger Osten eine ambitionierte Bar zu eröffnen, wirkt erfrischend kühn. Hingehen und hochtrinken!

Womit wir bei den Drinks angekommen wären. Was war dieses Jahr hipp? Na klar: Erst mal Bier. Weizenbier, Dosenbier, Flaschenbier mit Porzellanverschluss oder Kronkorken oder gleich aus dem Plastikbecher. Weil die Kombi aus Weltmeisterschaft und einem langen, heißen Sommer nicht allein mit Patriotismus und Cocktails (oder andersrum) zu bewältigen war. Aber längst gilt wieder: Piña Colada statt Pils. Der nächste Rückfall kann vier Jahre warten. Salud!

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