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Ein Oscar für Berlin: James Bonds Chefdesigner

Filmdesigner Ken Adam hat den frühen 007-Look erfunden und den "War Room" in Kubricks "Dr. Seltsam". Jetzt überlässt er sein Archiv der Kinemathek – und besuchte dafür seine Heimatstadt

Niemals hätte er diesen Erfolg erwartet: 50 Jahre 007, und kein Ende abzusehen. Ahnte er aber wirklich nichts, damals 1962 auf dem Set von „Dr. No“, dem ersten Bond? „Absolut nicht.“ Hätte Filmdesigner Ken Adam auf seine Frau Letizia gehört, wäre er nicht mal dabei gewesen und bei seinen weiteren sieben Bonds, darunter „Goldfinger“, und „Feuerball“, natürlich auch nicht. Das Skript hatte sie bald kopfschüttelnd zur Seite gelegt und ihm abgeraten: „Du wirst zur Hure.“

Zum Glück hat Ken Adam nicht auf sie gehört, und zweifellos haben seine Arbeiten der damals neuen Filmreihe einen wesentlichen Erfolgsschub gegeben, das weiß er selbst. Revolutionär seien seine Entwürfe gewesen, erzählte der 2003 von der Queen zum Sir erhobene Ken Adam am Montagvormittag im Filmmuseum an der Potsdamer Straße. Allein schon die von ihm verwendeten Materialien: Aluminiumwände, Kupfertüren, Werkstoffe aus dem Automobilbau – hatte man so nie gesehen. Und die Sets wurden auch immer größer: ein toter Vulkan, der Kratersee eine verschiebbare Stahlplatte, darunter eine Weltraumstation wie in „Man lebt nur zweimal“, oder ein Supertanker, der ganze U-Boote verschluckt wie in „Der Spion, der mich liebte“. Er bekomme immer einen Herzanfall, wenn er Adam zum Bleistift greifen sehe, habe ein Produzent mal geklagt.

Adams Entwürfe zu diesen und anderen cineastischen Großtaten lagern in London, aber nicht mehr lange. 74 Filme hat der am 5. Februar 1921 in Berlin geborene Production Designer ausgestattet, Tausende von Zeichnungen sind dabei entstanden, von denen er nie gedacht hätte, dass sie einmal ausgestellt würden. Und jetzt wandern sie sogar ins Museum, ins Archiv der Stiftung Deutsche Kinemathek. Über 15 000 Filmarchitekturzeichnungen gehören zu deren Bestand, jetzt kommen rund 4000 Zeichnungen von Adam und weitere Materialien dazu. Seit Jahren bemühten sich deutsche und internationale Filmarchive um diese Sammlung, Berlin setzte sich durch. Die Verträge sind unterschrieben, im Herbst trifft die Sammlung ein, wird erst mal archivarisch erfasst. Ein Teil soll ab 2013 in der ständigen Ausstellung zu sehen sein, Fernziel ist eine eigene Adam-Schau.

Stellvertretend für die Sammlung hatte Ken Adam seinen ersten Oscar mitgebracht, den er 1976 für „Barry Lyndon“ erhalten hatte, Stanley Kubricks Verfilmung des Romans von William Thackeray. Den zweiten gab es elf Jahre später für „The Madness of King George“. Doch so ehrenvoll die beiden Goldjungen auch waren – zumindest bei „Barry Lyndon“ waren die von Kubrick geleiteten Dreharbeiten nicht gerade ein Vergnügen, mündeten vielmehr geradewegs in einen Nervenzusammenbruch seines Production Designers, wie Adam erzählte. Während er sich davon erholte, rief Kubrik an, hielt für ihn eine besondere Aufgabe bereit. „Barry Lyndon“, die Geschichte eines Aufsteigers im 18. Jahrhundert, spielte auch am Hofe Friedrichs II. Diese Szenen sollten von einem zweiten Filmteam in Sanssouci gedreht werden, unter Adams Leitung. „Da hatte ich sofort einen Rückfall.“ Geleitet wurden die Potsdamer Aufnahmen dann von Adams Berliner Kollegen Jan Schlubach.

Warum er seine Sammlung nicht in London lasse, wurde Adam gestern gefragt. Nun, er habe dort keinen passenden Ort gefunden, gibt er offen zu, erkennt aber auch gern an, dass sich damit ein Kreis schließt. Die alten Ufa-Filme, „Dr. Mabuse“, „Caligari“ und besonders „Metropolis“, hatten sein eigenes Werk entscheidend geprägt.

Gesehen hatte er sie allerdings erst im englischen Exil. Sir Ken Adam war als Klaus Hugo Adam in einer großbürgerlichen Stadtvilla in der Tiergartenstraße 8 geboren worden, als Sohn des Inhabers des damals bekannten Sporthauses S. Adam an der Leipziger Ecke Friedrichstraße. 1932 ging es pleite, den Neubeginn versuchte der Vater ausgerechnet im Januar 1933. Ein Jahr später floh die Familie nach England. Erste Filmkontakte und ein Architekturstudium beendete der Krieg, in dem Adam als Jagdflieger diente.

Zeichentalent hatte er früh bewiesen, seine Schwester vermittelte eine Stelle in Londoner Studios, Beginn einer strahlenden Karriere, mit Stationen wie „Captain Horatio Hornblower“ (1951) mit Gregory Peck, „In 80 Tagen um die Welt“ (1956), was ihm eine erste Oscar-Nominierung einbrachte, oder Stanley Kubricks Atomkriegssatire „Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ (1964).

Für ihn sei das persönlich der wichtigste Film, an dem er mitgewirkt habe, erklärte Adam, und der „War Room“, in dem der US-Präsident Kriegsrat hält, sei unter all seinen Arbeiten „für mich das beste Set“. Eigentlich sei es ja einfach konstruiert gewesen: schräg angebrachte Riesenkarten an den Wänden, schwarzer, spiegelnder Fußboden, das Oval des Konferenztisches, das sich in der Deckenleuchte wiederholt – „irgendwie gespenstisch“. Eine Aufgabe, die er „Dr. No“ verdankte: Kubrick rief ihn an, nachdem er den Bond gesehen hatte.

Auch Steven Spielberg habe den „War Room“ ihm gegenüber einmal als sein bestes Set gerühmt, erzählte Adam. Und bei einem früheren Berlin-Besuch hatte er von einem weiteren Fan berichtet: So soll Ronald Reagan, gerade ins Präsidentenamt eingeführt, gefragt haben, wo im Weißen Haus dieser War Room sei. Das habe er aus sicherer Quelle, hatte Adam versichert. Er wirkte sehr belustigt.

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