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Berlin: Ein Restaurant der Großstadt, schick gemacht, mittendrin und überhaupt

Fasanenstr. 73, 10719 Berlin-Charlottenburg, Telefon: 88 67 78 97, geöffnet: täglich von 12 bis 24 Uhr, Kreditkarten: Alle KreditkartenElisabeth Binder Gibt es eigentlich das Boutiquenrestaurant?

Fasanenstr. 73, 10719 Berlin-Charlottenburg, Telefon: 88 67 78 97, geöffnet: täglich von 12 bis 24 Uhr, Kreditkarten: Alle KreditkartenElisabeth Binder

Gibt es eigentlich das Boutiquenrestaurant? Wenn nicht, wäre das Via Condotti wohl ein Gründungsexemplar dieser Gattung. Direkt gegenüber dem Literaturhaus in der Fasanenstraße gelegen, bietet es den idealen Hintergrund, die kostbaren Tücher und Juwelen aus den edlen Geschäften ringsum am speisenden Menschen wirkungsvoll in Szene zu setzen. Das war schon so beim Vorgängerrestaurant, das allerdings allein durch die Namenswahl ("Goethe") die kulturellen Aspekte noch deutlicher in Szene setzte als die kommerziellen bzw. hedonistischen.

Die Bilder an den Wänden kann man kaufen, das Publikum trug Echtglitzriges und einen kräftigen Schuß Honoratiorenparfüm. Mein Begleiter aus dem feinen Norden fühlte sich nicht fremd. Diese Art Restaurant könnte wahrscheinlich in jeder Großstadt stehen, schick gemacht, mittendrin und überhaupt.

Vorweg gab es eine großzügige Scheibe Lachs in Limonenvinaigrette als Amuse Gueule. Dazu einen Bellini, der allerdings nicht mit frischem Pfirsichpüree zubereitet war, wie es sich eigentlich, jedenfalls in dieser Klasse, gehören würde (11 DM). Sodann die gemischten Vorspeisen (18 DM): die waren groß angelegt, wenngleich nicht übermäßig originell: eine leicht holzige Artischocke, Auberginen, Tomaten, Zwiebeln, Mozzarella mit Tomate und Basilikum, Pomodori Secchi, Vitello Tonnato mit Kapern, schwarze Oliven in Scheiben geschnitten und gelbe und grüne Paprika. Abgezogen natürlich. Außerdem eine Portion von dem Krabbensalat, den es auch als einzelne Vorspeise gibt (18, 50 DM). Dann natürlich in einer größeren Portion und umgeben von Salatblättern (18 DM). Das ist aber nur für Puristen, verspielte Geschmäcker stehen sich mit der Antipasti-Auswahl allemal besser.

Der Lachs war leider zu kross, man könnte auch sagen: zu lange gebraten. Aber es ist eine hübsche Idee, ihn mit Pesto aufzupeppen. Dazu Wildreis zu servieren, liegt sowieso nahe (32 DM). Die gegrillte Dorade, eine Tagesempfehlung, war ganz gut. Daß dazu allerdings die kräftigste Knoblauchsauce serviert wurde, die wir, zumal in diesen Regionen, seit langem erlebt haben, wirkte doch ein wenig seltsam in dieser Umgebung. Gemessen an all den güldenen Irrlichtern, die hier durch die Luft geisterten, hätte ich gedacht, die Leute müßten auch auf ihren guten Atem achten. Aber das täuschte vielleicht. Jedenfalls zeigte es Mut und Spontaneität, und Spinat und Kartoffeln steuerten dann wieder ein wenig Biederkeit bei (39 DM). Zum Dessert hatten es uns eigentlich die Waldbeeren mit Mascarpone-Balsamico-Sauce angetan. Allein, es gab nur noch Heidelbeeren. Also dann was ganz Schlichtes: Prosecco-Sorbet. Das war Zitroneneis mit reichlich Prosecco aufgegossen (9 DM). Ganz okay. Alles schon mal dagewesen.

Nächstes Kapitel: Espresso, Grappa, das übliche Ritual, das man hier eher weniger auslassen kann als anderswo.

Wie bin ich bloß auf die Eingangsfrage gekommen? Vielleicht weil Boutiquen, so schick und teuer sie auch sein mögen, manchmal etwas Dämpfendes haben. Sowas Landloses. Es fehlt hier ein bißchen der besondere Kick, den das "Goethe" noch hatte. Dabei hat man sogar die verspielten Spezereien wie flambierte Taglioni mit Trüffeln im Parmesanlaib beibehalten. Vielleicht läßt sich ein bestimmtes Konzept am gleichen Ort nicht ohne weiteres wiederholen. Das "Goethe" habe ich gern auch Auswärtigen empfohlen, weil es zivilisiert und ganz lustig und zentral gelegen war. "Via Condotti" ist ähnlich und doch irgendwie ganz anders. Es wirkt wie eine blassere und dabei überambitionierte Kopie des Alten. Trotz des unsinkbaren Glamours der anwesenden Damen.

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