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Berlin: Ein Spiegel, der Leben rettet

Schüler zeigten, wie klein der tote Winkel sein könnte

Elf Kinder der Ersten Grundschule aus Prenzlauer Berg halten vor dem Roten Rathaus fest ihr Banner in den Händen. Darauf ist zu lesen: „Hier wird der tote Winkel beseitigt.“ Mehrere Schulklassen waren am Montag der Einladung des Allgemeinen Deutschen FahrradClubs (ADFC) gefolgt und demonstrierten vor einem Lastwagen, wie einfach eine ganze Schulklasse im „toten Winkel“ des Fahrzeugs verschwinden kann. Ein einfaches Gegenmittel ist ein vierter rechter Außenspiegel, der am Roten Rathaus vorgestellt wurde. Welche Folgen es haben kann, wenn Radfahrer oder Fußgänger im Rückspiegel eines Lkw übersehen werden, wurde in der vergangenen Woche deutlich, als in Berlin an nur einem Tag ein neunjähriger und ein 59-jähriger Radfahrer im toten Winkel zweier Lkw starben. Im vergangenen Jahr wurden auf Berlins Straßen 24 Radfahrer getötet.

Etwa die Hälfte aller tödlichen Fahrradunfälle in Deutschland ereignen sich im toten Winkel. Dabei zeigt das niederländische Beispiel, dass die Gefahr solcher Unfälle auf einfache Weise verringert werden kann. Der so genannte Dobli-Außenspiegel, ein an der Frontscheibe des Lastwagens angebrachter, leicht konvexer Spiegel, vergrößert durch seinen höheren Krümmungsradius das Sichtfeld des Fahrers und verringert den toten Winkel von 38 auf vier Prozent. Seit Januar 2003 gehört der Dobli-Spiegel in Holland für alle Lkw zur Pflichtausstattung, und seither ging die Zahl der tödlichen Fahrradunfälle im toten Winkel um 42 Prozent zurück.

Zumindest bei großen Lastwagen könnte der Spiegel ab einer Höhe von zwei Meter problemlos angebracht werden. Extra-Genehmigungen, wie es zunächst hieß, seien dafür nicht erforderlich, sagte Hans-Ulrich Sander vom TÜV Rheinland. Auch die Rechtsabteilung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sieht kein Problem in der Montage.

Erst ab Oktober 2006 soll EU-weit ein ähnlicher Spiegel zwingend eingeführt werden, allerdings wird dieser den toten Winkel lediglich halbieren und soll zudem nur bei Lastern ab 7,5 Tonnen eingesetzt werden. Für Benno Koch, Vorsitzender des ADFC Landesverbandes Berlin und Fahrradbeauftragter des Senats, ist klar: „Wer mehr in seinem Spiegel sieht, fährt aufmerksamer, und wer aufmerksamer fährt, braucht mehr Zeit, und das ist wohl nicht erwünscht. Dieser Spiegel kostet komplett 150 Euro, und für mich gibt es keinen Grund, warum man ihn nicht sofort bei allen deutschen Lkw montieren sollte.“

Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) appellierte an alle Lkw-Fahrer und an die Fuhrgewerbeinnung, ihre Fahrzeuge im Vorgriff auf offizielle Regelungen umzurüsten. Christian Gaebler, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, forderte BVG, Stadtreinigung, Feuerwehr und Polizei auf, ihre Fahrzeuge schon jetzt freiwillig umzurüsten. Damit könne das Land Berlin Vorbild sein. Der Verkehrsexperte der Grünen, Michael Cramer, forderte den Senat auf, eine Bundesratsinitiative zur Einführung zu starten. he/kt

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