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Berlin: Ein Tag Chef im Reichstag: Kinder fordern, Politiker hören zu

Mit einem Mal ist es still im Aufzug. Eben noch haben die Kinder gelacht und geredet.

Mit einem Mal ist es still im Aufzug. Eben noch haben die Kinder gelacht und geredet. Doch als sich der Lift im Reichstag in Bewegung setzt auf dem Weg zur dritten Etage, kommt diese Frage. "Ja, wisst ihr denn, was der Ältestenrat macht?" Freundlich, aber bestimmt ist der Ton des Herrn von der Bundestagsverwaltung. Als Antwort zwanzigfaches Schweigen. Ratlose Kindergesichter blicken in Spiegelwände. Eine Lehrerin zischt: "Dass müsst ihr doch wissen, das hat er doch schon gesagt." Schweigen. "Der Ältestenrat, der legt unter anderem die Tagesordnung fest", erlöst er die Kinder.

Die Kleinen waren gestern die Chefs im Reichstag. Überall in dem großen, leeren Haus saßen sie zusammen und bereiteten sich darauf vor, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse zu treffen. 150 Kinder aus ganz Deutschland hatte die Kinderkommission des Bundestags eingeladen, Abgeordnete aller Parteien ließen sich von ihnen befragen und hörten sich ihre Wünsche an. "Wir waren schon mal bei unserem Bürgermeister und haben ihm Sachen gesagt, die uns nicht passen", erzählt der 11-Jährige Patrick von den "Kiez-Detektiven" aus Marzahn. "Manches wurde dann gleich erledigt. Andere Sachen nicht." Das Autowrack auf dem Spielplatz wurde weggeräumt, die Schaukeln stehen wieder. Aber das Trampolin haben sie nicht wieder bekommen. "Das wurde einfach abgebaut", beklagt die 12-Jährige Helena. Auf das Wunschkärtchen für den Bundestagspräsidenten kommen "mehr Freizeitmöglichkeiten" und "Computer für die Schulen". "Anstatt auf Computern üben wir auf Schreibmaschinen", sagt Helena.

In acht Gruppen arbeiteten die Kinder an den Vorschlägen für die Politiker. Umwelt, Schule, Gewalt, Verkehr, Spielraum: Es ging ebenso um konkrete Probleme aus ihrem Umfeld wie um allgemeine Fragen. "Ist eine doofe Einstellung, die die Rechten haben", erklärt die 14-Jährige Sophie aus Flensburg zu den dringendsten Problemen, die Politiker angehen sollten. Die 9-Jährige Helena aus Kassel, ein wenig überrascht über ihre Schlagfertigkeit, fordert: "Mehr Kindergeld".

Ausgewählt wurden die Gruppen vom Deutschen Kinderhilfswerk in Abstimmung mit der Kinderkommission. Alle arbeiten in der Schule oder im Jugendzentrum an einem Projekt mit. Sie kämpfen für neue Spielplätze oder gestalten das Freizeitzentrum um. 21 solcher Projekte werden bis zum 27. August in zwei Zelten an der Nordseite des Reichstags vorgestellt.

Die Gruppe von fünf Kindern aus Kassel beispielsweise wandelt mit den Mitarbeitern eines Spielmobils einen Park- in einen Spielplatz um. Ihr größter Wunsch an die Abgeordneten: "Dass unser Spielplatz gebaut wird", so der 9-Jährige Steve. Von der Arbeit der Politiker zeigen sie sich sehr beeindruckt. Hannah (9) findet: "Es ist gut, wie die Leuten helfen." Steve dagegen haben es die vielen Kamerateams angetan: "Cool, dass die so oft auf Fotos kommen."

Jasmin Jouhar

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