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Ein teurer Spaß: Amoklauf: Sollen Trittbrettfahrer für den Polizeieinsatz bezahlen?

Seit dem Amoklauf von Winnenden kommt die Berliner Polizei kaum zur Ruhe: Bereits 20 Trittbrettfahrer haben seitdem einen Amoklauf angekündigt - ohne es ernst zu meinen. Innensenator Ehrhart Körting will jetzt Polizeieinsätze nach scherzhafter Androhung eines Amoklaufs in Rechnung stellen.

Wer die Feuerwehr holt, um seine Katze vom Dach retten zu lassen, muss zahlen. Ebenso der, der zum Scherz einen Feuerwehreinsatz auslöst. Am Donnerstag kündigte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) im Abgeordnetenhaus an, auch den Trittbrettfahrern nach dem Amoklauf von Winnenden würden die Kosten für die von ihnen ausgelösten Polizeieinsätze in Rechnung gestellt. Seit dieser Tragödie vom vergangenen Montag gab es in Berlin bis zum Freitag 20 Fälle, in denen die Polizei Hinweisen auf Gewaltandrohungen, die sich auf Schulen bezogen, nachgehen musste. Rechnungen wurden bislang keine geschrieben, zudem konnten in acht Fällen die Verdächtigen noch nicht ermittelt werden.

Die Gesetzeslage ist problematisch

Wie Körtings Vorhaben praktisch umgesetzt werden soll, ist noch unklar. Die Gesetzeslage in Berlin sei in diesem Zusammenhang problematisch, erklärte die Sprecherin der Senatsinnenverwaltung, Nicola Rothermel, gegenüber dem Tagesspiegel. Bislang könne nur bei „ungerechtfertigter Alarmierung“ der Polizei eine Rechnung gestellt werden. Der Tatbestand der scherzhaften Androhung eines Amoklaufs sei nicht speziell ausgewiesen. Derzeit werde in einer Arbeitsgruppe geprüft, ob das Gesetz deshalb geändert werden müsse. Auch eine Umfrage unter anderen Bundesländern findet laut Rothermel derzeit statt. Bislang hätten nur Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen spezielle gesetzliche Regelungen für den Tatbestand. Konkret sei in Berlin noch nichts geplant, man wolle im ersten Schritt versuchen, mit anderen Bundesländern eine gemeinsame Lösung zu finden. Auch die Übernahme der Regelung eines anderen Bundeslandes sei denkbar.

Körtings Ankündigung stieß bei den Fraktionen im Abgeordnetenhaus auf breite Zustimmung. „Grundsätzlich ist das eine gute Sache“, sagte der innenpolitsche Sprecher der CDU, Robbin Juhnke . Der pädagogische Ansatz sei richtig. Es müsse klargestellt sein, dass Scherze dieser Art kein sozialadäquates Verhalten seien. Wichtig sei nun aber, dass Präzedenzfälle geschaffen würden, so Juhnke. „Allein mit Appellen erreicht man da nichts.“

Der innenpolitische Sprecher der SPD, Thomas Kleineidam, steht hinter der Ankündigung seines Parteifreundes Körting: „Man sollte entsprechenden Leuten klarmachen, dass es keine Witz ist, einen Amoklauf anzukündigen.“

Ein Einsatzwagen kostet 114 Euro pro Stunde

In der Frage, ob Gesetze geändert werden müssen, sind die Mitgliedern des Innenausschusses noch uneins. Nach Ansicht von Grünen-Politiker Benedikt Lux müsse die Politik nichts an den geltenden Regelungen ändern. Die Polizei sei auch nach derzeitigem Rechtsstand dazu verpflichtet, genau so zu handeln wie von Körting gefordert. Björn Matthias Jotzo von der FDP ist der gleichen Ansicht. Es sei allerdings eine Frage, wie die Verwaltung damit umgehe. Zudem hätten die Behörden im Einzelfall einen Ermessensspielraum.

Die Kosten, die derzeit bei ungerechtfertigter Alarmierung erhoben werden können, betragen nach Polizeiangaben 57 Euro pro Einsatzfahrzeug für jede angefangene halbe Stunde. Der Verursacher erhalte dann einen Kostenbescheid zugestellt.

Sollen Tittbrettfahrer zur Kasse gebeten werden? Wir diskutieren Pro & Contra. Diskutieren Sie mit! Schreiben Sie Ihre Meinung unter diesen Artikel und nehmen Sie an unserer Umfrage teil.

Florian Ernst

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