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Berlin: Ein teures Billigangebot DIE ANALYSE

Berlin gab für die Tagesbetreuung von Kindern (Krippen, Kitas, Horte) bereits im Jahr 2001 rund 760 Millionen Euro aus. Das waren – bezogen auf die Zahl der Kinder von 0 bis 10 Jahren – 28Prozent mehr als in München, 79 Prozent mehr als in Mainz und 92 Prozent mehr als in Hamburg, rechnete die Finanzverwaltung aus.

Berlin gab für die Tagesbetreuung von Kindern (Krippen, Kitas, Horte) bereits im Jahr 2001 rund 760 Millionen Euro aus. Das waren – bezogen auf die Zahl der Kinder von 0 bis 10 Jahren – 28Prozent mehr als in München, 79 Prozent mehr als in Mainz und 92 Prozent mehr als in Hamburg, rechnete die Finanzverwaltung aus. In absoluten Zahlen summierten sich die Mehrausgaben auf 340 bis 370 Millionen Euro jährlich im Vergleich zu Hamburg oder Mainz und auf 170 Millionen Euro im Verhältnis zu München. Zwar hat Hamburg im vergangenen Jahr 2000 Kitaplätze mehr geschaffen. Dennoch gab Berlin im Vergleich für die Tagesbetreuung 270 Millionen Euro mehr aus. Dieses Mehr ergibt sich vor allem aus dem höheren Angebot Berlins bei Krippen und Horten. Aber auch bei den Kindergärten hat die Stadt ein höheres Platzangebot im Verhältnis zur Kinderzahl. Offenbar reicht in anderen deutschen Städten, die wesentlich reicher sind, ein – im Verhältnis zur Kinderzahl – niedrigeres Angebot aus, um den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz zu erfüllen.

Die Mehrausgaben Berlins ergeben sich, folgt man der Antwort des Finanzsenators auf eine parlamentarische Anfrage der PDS vom 16. Januar, auch aus geringeren Elternbeiträgen: Bei 2900 Euro Familieneinkommen werden für die Ganztagsbetreuung eines Kindes in Hamburg 346 Euro, in Berlin nur 123 Euro gezahlt. Außerdem sind die einzelnen Einrichtungen in Berlin teurer: Ein Betreuungsplatz in der Hauptstadt kostet mit 5400 Euro jährlich 17 Prozent mehr als in Hamburg und 32 Prozent mehr als in Mainz. „Werden die Kinder in Hamburg, Mainz oder München nicht auch adäquat betreut?“, fragt der Finanzsenator und entwickelt folgende Thesen:

Niemand bestreitet, dass Kinder vom dritten Lebensjahr bis zur Grundschule Anspruch auf einen Kindergartenplatz haben, aber anderswo – in reicheren Städten – geht dies offenbar wesentlich billiger.

Niemand bestreitet, dass für Kleinkinder berufstätiger Eltern ein Betreuungsangebot bestehen soll. Aber es ist auch klar, dass Tagesmütter wesentlich billiger sind als Krippen. Und es darf nicht so sein, dass der Wunsch, teure vorhandene Krippen auszulasten, der genauso guten, aber wirtschaftlicheren Lösung im Wege steht. In Zeiten knapper Kassen sollte es ausreichen, das Betreuungsangebot für Kleinkinder auf berufstätige Eltern zu beschränken, wie dies gerade in Brandenburg geschehen ist.

Niemand bestreitet, dass für Kinder im Grundschulalter ein ganztägiges Betreuungsangebot bereitstehen muss. Aber ist das Thema nicht in Zusammenhang mit der erstrebenswerten Einführung der Ganztagsschule zu sehen? Französische, britische, schwedische oder finnische Schulen stellen ein ganztägiges Schulangebot zu Gesamtkosten bereit, die pro Schüler nicht höher sind als das deutsche Halbtagssystem. Dahin sollte auch der Berliner Weg gehen.

Berlin könne sich die Mehrkosten bei der Kinderbetreuung nicht leisten, heißt es aus der Finanzverwaltung, denn diese Mehrkosten seien schuldenfinanziert. Über die Verschuldung werde die Zukunft der Kinder belastet. Die durch Schulden finanzierten Mehrkosten der Kinderbetreuung haben seit 1991 die Schulden um gut sechs Milliarden Euro erhöht. Darauf zahlt Berlin, zusätzlich zu den laufenden Mehrkosten der Kinderbetreuung, jedes Jahr 300 Millionen Euro Zinsen.

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