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Berlin: „Eine Einheit gegen den Terror“ Wie türkische Blätter über

die Anschläge in London berichten

Die Schlagzeilen der türkischen Zeitungen, die in Europa erscheinen, sprachen am Tag nach dem schrecklichen Bombenanschlag in London eine eindeutige Sprache: „Verflucht!“ (Milliyet), „Entsetzen in London. Mindestens 50 Tote“ (Hürriyet), „Terrorschock. 45 Tote“ (Türkiye). Die Aufnahmen aus der Linse der europäischen Agenturfotografen, die die Blätter zu diesen Schlagzeilen fast ganzseitig zeigten, dürften schließlich auch die Türken in diesen Breitengraden erschüttert haben.

In Großbritannien selbst leben etwa 100000 Türken, einschließlich der „Zyperntürken“ sind es etwa 130000, heißt es auf der Internetseite der dortigen Türkischen Botschaft. 75 Prozent dieser Landsleute lebten in London. „Im Islam gibt es keinen Terror“, zitierte am Sonntag die Türkiye auf ihrer Titelseite in großen Buchstaben den britischen Premierminister Tony Blair. Unter den Verletzten und Vermissten sind nach den Berichten türkischer Blätter auch türkische Opfer.

Alle Zeitungen brachten die Statements der Vertreter der türkischen Vereine und religiösen Organisationen in Deutschland: „Wir rufen alle islamischen Gemeinden auf, gegen den Terror eine Einheit zu bilden.“ Am Sonntag kamen in der Tageszeitung Türkiye der Sprecher des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg, Safter Cinar, die PDS-Abgeordnete Evrim Baba, Innensenator Erhart Körting (SPD) und Burhan Kesici von der Islamischen Föderation zu Wort. „Muslime in Sorge“, schrieb die Zeitung in der Überschrift. Die Muslime in Deutschland hätten Angst, dass nach den Terroranschlägen die Vorurteile und Widerstände ihnen gegenüber größer werden könnten, erklärte das Blatt in den Unterzeilen.

In den meisten Kommentaren hagelte es jedoch Kritik an den Europäern und den USA, die den Anschlag in London beklagten, über den Terror der PKK und der Linksextremisten in der Türkei aber schwiegen. Ausführlich berichteten die Zeitungen über den Tod dreier türkischer Soldaten, die bei der Explosion einer angeblich von der PKK gelegten Mine im südöstlichen Kurdengebiet getötet wurden. Großes Thema war der geplante Anschlag eines Linksextremisten, der mit einer Bombe unter dem Hemd ins Justizministerium in Ankara eindringen wollte und – nach seiner Festnahme – von der türkischen Polizei erschossen wurde. Außerdem beklagten die Zeitungen, dass Belgien bisher die Auslieferung der Linksextremistin Fehriye Erdal, die in Istanbul einen Industriellen erschossen haben soll, verweigert. „Die Amerikaner und Europäer leben nach dem Motto ,Der Terrorist, der mir nichts antut, lebe hoch’“, beklagte ein Schreiber der Türkiye am Freitag in seinem Leitartikel. Er spielte darin auch auf die von Kurden mitgetragene Regierung im Irak an. Nun würden die Kurden über den Irak kommend in Anatolien wieder Anschläge verüben. Auch viele Türken in Deutschland fürchten, dass ihr Heimatland in Kürze geteilt werden könnte.

Suzan Gülfirat

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