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Auf in den Kampf, Torero. Als die Sängerriege aus „Carmen“ Michael Bachtadze, Viktorija Kaminskaite und Christian Schleicher neulich im Studio Babelsberg vor ihrer Bühnendeko – einem XXL-Fächer posierte – hatten die Seefestspiele noch mehr Plätze. Foto: Bernd Settnik/dpa

© picture alliance / dpa

Berlin: Eine Eisenstange zu viel

Im August steigt die zweite Auflage der Seefestspiele am Wannsee, doch Theater gibt’s schon jetzt Für jede Aufführung der Oper „Carmen“ gibt es aufgrund strenger Auflagen 800 Plätze weniger.

Seit ein paar Tagen wird im Strandbad Wannsee gewerkelt – der Aufbau für die Seefestspiele hat begonnen. Am 16. August feiert hier die Oper „Carmen“ von Georges Bizet als Open-Air-Spektakel unter der Regie von Volker Schlöndorff ihre Premiere. Allerdings vor weniger Zuschauern als geplant. Durch Auflagen der zuständigen Senatsverwaltung fallen 800 der 4000 Tribünenplätze bei jeder der zwölf Aufführungen weg. Die zweiten Seefestspiele Berlin könnten somit auch die letzten sein, sagen die Veranstalter.

Im Prinzip geht es um eine Eisenstange, die den Boden bereits im angrenzenden Wasserschutzgebiet berührt hätte. Da die Bühne, die in den Studios in Babelsberg konstruiert wurde, im Gegensatz zum Vorjahr schräg ist, ragt eine dreieckige Spitze rund fünfeinhalb Meter über die Vorjahresgrenze hinaus. Sie wird von eben diesem Rohr gestützt, sagt Seefestspiele-Geschäftsführer Norbert Eierding. Weil die Bühne, deren zentraler Hingucker ein zwölf Meter hoher und 24 Meter breiter Stahlfächer ist, nun um sechs Meter verschoben werden muss, ist eine Verkleinerung der Zuschauertribühne notwendig.

Die Seefestspiele wurden von Peter Schwenkow (DEAG), mit Michael Mronz (Agentur MMG) und Burghard Zahlmann (Concertbüro Zahlmann) unter der künstlerischen Leitung des ehemaligen Kölner Opernintendanten Christoph Dammann initiiert. Bereits zum Start 2011 hatten die Partner bei der „Zauberflöte“ mit jeder Menge Schwierigkeiten zu kämpfen. Der ursprünglich geplante Standort in Potsdam-Hermannswerder scheiterte am Widerstand der Anwohner. Und auch im Ausweichquartier am Wannsee gab es schon damals Probleme. Weil weite Teile des Strandbades und des Sees zu einem Wasserschutzgebiet gehören, musste die schwimmende Seebühne wenige Wochen vor der Premiere aufs Trockene verlegt werden.

Trotz insgesamt 40 000 Zuschauern, was einer Auslastung von 85 Prozent entsprach, zahlten die Veranstalter im vergangenen Jahr drauf. Schwenkow sprach von einer „Investition in die Folgejahre“. Auch in diesem Jahr werden die Partner den finanziellen Verlust aus eigener Tasche ausgleichen. Zukünftig müssten sich die Seefestspiele allerdings selbst tragen, doch das geht nur bei steigenden Besucherzahlen. Stattdessen sorgt die Kapazitätsverringerung nach Angaben einer Sprecherin für Einnahmeverluste von bis zu etwa einer halben Million Euro. Das würde die Wirtschaftlichkeit der Seefestspiele auf Dauer ausschließen. Sollte die Senatsverwaltung bei ihrer „unnachgiebig kompromisslosen und restriktiven Auflagenauslegung“ bleiben, sei für die Gesellschafter eine Fortführung der Festspiele in den kommenden Jahren infrage gestellt. Sie fordern „eine für alle Seiten tragbare, vernünftige Auflagenpolitik“. Daniela Augenstein von der Senatsverwaltung gibt den Schwarzen Peter an die Veranstalter der Seefestspiele zurück. Denen sei der Verlauf des Wasserschutzgebietes seit dem vergangenen Jahr bekannt gewesen. Dort ist keinerlei Bebauung zulässig. „Beim Trinkwasserschutz kann es keine Kompromisse geben“, so die Sprecherin.

Indessen probt das „Carmen“-Ensemble bereits seit Wochen in der Zehlendorfer Onkel-Tom-Halle. „Wir machen täglich hervorragende Fortschritte“, begeistert sich Regisseur Schlöndorff. „Unsere Künstler sind großartige Sänger und Darsteller, wir können uns auf eine mitreißende Inszenierung und ein spektakuläres Bühnenbild freuen.“

Premierengäste wird man trotz der reduzierten Plätze nicht ausladen müssen, allerdings müssen einige Besitzer bereits gekaufter Tickets bei den Aufführungen umplatziert werden. Für die Zuschauer ergibt sich aus dem Zwangsumbau sogar ein Vorteil: „Sie rücken durch die neue Situation näher an die Bühne und die Darsteller heran“, sagt Norbert Eierding.

Strandbad Wannsee, 16. August bis 2. September, Karten ab 40,50 Euro im Tagesspiegel-Shop, Askanischer Platz 3, Kreuzberg (Mo-Fr 9-18 Uhr), Tel. 29021-520.

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