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Berlin: Eine ganze Stadt packt mit an

Berliner Bezirke, Kitas, Firmen, Kliniken und Privatpersonen – sie alle helfen beim Wiederaufbau

Die Fotos im Rathaus Reinickendorf holen die Erinnerung zurück. Es sind Bilder der Verzweiflung, mit Schiffen, die drei Kilometer weit im Landesinnern liegen und von den Naturgewalten zeugen. Und es sind Zeichen der Hoffnung: Da sieht man eine Frau aus Europa inmitten von Waisenkindern auf der thailändischen Insel Phuket – Bezirksbürgermeisterin Marlies Wanjura (CDU) war in den Ort Takua Pa gereist, um Spenden der Reinickendorfer für die Hilfsaktion gemeinsam mit den Maltesern zu übergeben. Die Aktion hatte ein Urlauber-Ehepaar aus Reinickendorf angestoßen, das im Krankenhaus Takua Pa nach dem Tsunami behandelt worden war – 40 000 Euro kamen zusammen.

Bezirke und Kirchen, Industriebetriebe und Fitnessstudios, Kitas und Schulen, Apotheken, Kliniken und Theater sowie unzählige Privatpersonen aus der Region setzen sich seit einem Jahr für die Flutopfer in Südasien ein. Die Stadt fördert über ihre „Hilfebrücke Berlin-Südasien“ mit 275 000 Euro gemeinsam mit Hertha BSC und dem Deutschen Roten Kreuz den Wiederaufbau einer Schule und von Sportplätzen in der Region Teunom in Banda Aceh auf der indonesischen Insel Sumatra.

Menschen helfen aber auch individuell, wie der Brandenburger Richard Stoffers. Der 69-Jährige machte sich mehrfach mit seiner einheimischen Helferin Ragine White auf die beschwerliche Reise entlang der Südküste Sri Lankas, um ganze Schulen mit Ranzen, Büchern und Kleidung auszustatten. Im Januar geht es wieder los, zu den mittlerweile 350 Waisenkindern, denen er als Pate die Schulausbildung ermöglichen will. Auch andere Berliner Unternehmer waren berührt – und wandten sich an die „Kommunale Servicestelle Partnerschaftsinitiative“ bei der Gesellschaft „Inwent“, die für den Bund Patenschaften vermittelt. So fand etwa das Europäisch-Serbische Gesundheitsforum und die Deutsche Ärztegemeinschaft Berlin e.V. Kontakt zur Klinik Parmata Hati in Banda Aceh. Die Schering AG stellte nach der Katastrophe 400 000 Euro für die indonesische Ärzte- und Hebammengesellschaft sowie für ein Gesundheitszentrum in Thailand bereit; Mitarbeiter sammelten zusätzlich 14 000 Euro.

Berliner Ärzte taten, was sie konnten. Sie flogen wie Oberarzt Gerd Schröter vom Unfallkrankenhaus Berlin nach Südasien, um Menschen zu behandeln, die bis zu Unkenntlichkeit entstellt waren. Die Klinik spendete wie viele andere Krankenhäuser der Region medizinisches Gerät und Medikamente. Die Berliner helfen auch Menschen in unbekannteren Gefilden. So sammelte der Verband evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder Berlin/Brandenburg/Schlesische Oberlausitz für Flutopfer auf den Inselgruppen Nikobaren und Andamanen. Die Botschaft der Republik Malawi in Berlin half über eine Charity-Gala Kindern auf Madagaskar und in Somalia. Die unfassbaren Bilder aus den Katastrophengebieten beschäftigten viele Kinder und Jugendliche. Und so setzen sich wie in Reinickendorf Klassen und Kitas besonders rührig ein. Die Klasse 9a der Oberschule am Brunnenplatz, eine Haupt- und Realschule in Wedding, organisierte eine Sammlung – in zwei Tagen kamen 414,61 Euro Taschengeld zusammen. Dank eines Kuchenbasars gab die Schule dann 618,08 Euro über das Masken-Museum Ambalangoda in Sri Lanka an Überlebende weiter. Der Kontakt kam über eine Lehrerin zustande, die einheimische Ethnologen kennt.

Wie schwer es ist, in Ländern zu helfen, die teils von Korruption geprägt sind – und nun von Hilfsbereiten aus der ganzen Welt bestürmt wurden, hat das Bezirksamt Neukölln erfahren müssen. Eine Bezirksverordnete ist mit einem Sri-Lanker verheiratet, so hoffte man auf beste Kontakte ins Land. Also spendeten Verwaltungsmitarbeiter, Schulen und Firmen für den Bau einer Schule in Tangalle im Süden Sri Lankas, und Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) war unter anderem mit der bezirklichen Projektkoordinatorin Franziska Süllke zur Grundsteinlegung mit dem Bürgermeister von Tangalle gereist. Allein – während des Aufenthalts stellte sich heraus, dass die Schule schon von einer japanischen Hilfsorganisation finanziert war. So wandten sich die Neuköllner an die nationale Regierung und fanden in der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit einen verlässlichen Partner. Zur Grundsteinlegung einer Wohnsiedlung in Tangalle für 13 Familien kam der neue sri-lankische Staatspräsident. Und im März werden Vertreter aus Neukölln nach Sri Lanka reisen, dann ziehen alle Familien an einem spirituell günstigen Tag gemeinsam ein.

Annette Kögel

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