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Völlegefühl. Mülltonnen wollen auch zu Ostern geleert werden - aber muss es unbedingt so früh sein?

© dpa

Eine Glosse zum Morgengrauen: Jetzt auch samstags: Die Wecker von der BSR

Wegen des Karfreitags werden die Mülltonnen am Sonnabend geleert. Aber muss es wirklich so früh sein, dass man fast aus dem Bett fällt? Unser Autor versucht eine Erklärung.

Diese Ruhe am Karfreitag war schon schön: frühmorgens mal ohne den üblichen Großstadtlärm dem Plätschern des Regens zu lauschen – das hatte was. Oder man schlief einfach aus, weil kein Getöse störte. Vor allem, weil es ja in Deutschland für jeden Werktag eine Sorte Abfall gibt, so dass montags bis freitags Männer in Signalfarben die Tonnendeckel auf- und zuschlagen und dann die Gefäße mit einer Geräuschentwicklung durch den Hof und auf die Straße ziehen, von der selbst ein ganzes Rudel Rollkoffer nur träumen kann. Montags zum Start in die Woche wird das Glas geholt, dienstags Altpapier, mittwochs Biogut, donnerstags Wertstoffe, freitags Restmüll. Nur eben nicht karfreitags: „Die Abfuhrtermine verschieben sich wegen der Osterfeiertage um einen Tag nach hinten“, teilt die BSR mit.

Im Klartext: Die Karfreitagsruhe war auf Kredit gekauft, der jetzt am Samstag getilgt werden muss. Erfahrungsgemäß gleich morgens so gegen 6 Uhr 20. Das ist laut Landesimmissionsschutzgesetz (LImSchG Bln), Abschnitt „Schutz vor Geräuschen“, auch legal, denn das beschränkt die Nachtruhe auf 22 bis 6 Uhr.

Aber muss man alles tun, was erlaubt ist? Wäre nicht allen geholfen, wenn die Männer in Orange morgens ebenfalls ausschlafen würden? Ein Sprecher der BSR teilt auf entsprechende Nachfrage mit, dass die unchristlichen Leerungszeiten volle Absicht seien: Der frühe Müllmann schafft einen Gutteil der Tour so nämlich schon vor dem dicksten Berufsverkehr. Als Beispiel nennt er den Kurfürstendamm, auf dem die Müllwagen nach 9 Uhr nur unnötig Stau verursachen würden. Wobei – und das sagt der Sprecher nicht – sich um diese Zeit ohnehin die rechte Spur mit den verbotswidrig abgestellten Geländewagen der Oligarchengattinen zu füllen beginnt, die das amtliche Konsumklima aufheitern und durch die Frequentierung der Oligarchenbedarfsläden die viel besungene Renaissance der City-West leben.

Müllmänner sieht man in diesen Geschäften selten. Sie werden nicht nach Arbeitsstunden bezahlt, sondern müssen einfach ihre zwei Touren am Tag schaffen, die jeweils am Müllheizkraftwerk in Ruhleben enden. Routinierte Müllkutscher schaffen das bis zum Mittag. Anschließend können sie sich aufs Ohr legen – und den Schlaf nachholen, den sie uns morgens gestohlen haben.

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