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Olaf Arnoldi, Richter am Landgericht.

© Tsp

Berlin: Eine halbe Stunde Harmonie im Jahr

Olaf Arnoldi, Richter am Landgericht.

Am letzten Arbeitstag vor Weihnachten schmettern die Bläser und Trompeter im Rondell des Kriminalgerichts. Das ganze Jahr über streiten sich Richter und Anwälte, Staatsanwälte und Angeklagte, in dieser halben Stunde stehen sie zusammen und singen Weihnachtslieder. Diese Tradition des „Tutens und Blasens“ hat ein Staatsanwalt vor einigen Jahren begründet, als er mit seiner Trompete spontan weihnachtlich aufspielte.

Für den Richter Olaf Arnoldi hat dieser Moment eine besondere Atmosphäre. „Sonst fühlt sich immer jemand auf die Füße getreten, gerade bei streitiger Beweislage. Ungeteilten Beifall bekommt man hier nicht.“ Arnoldis interessantester Fall in diesem Jahr war die Sache des Hermsdorfer Therapeuten, der seinen Klienten zur Lösung innerer Konflikte Ecstasy verabreichte, in einer Überdosis, an der zwei von ihnen starben. Das Urteil lautete auf vier Jahre Haft und Berufsverbot.

In der Weihnachtszeit verzichtet Olaf Arnoldi in seinen Verhandlungen darauf, den Angeklagten besinnliche Feiertage zu wünschen. „Das ist eine zwiespältige Sache, wenn er dann im Untersuchungsgefängnis in seiner Zelle sitzt und die Wände anstarrt.“ Ein Angeklagter versuchte einmal, das Recht auf einen eigenen Weihnachtsbaum in der Zelle einzuklagen – ohne Erfolg.

Auch zwischen Weihnachten und Silvester wird im Landgericht, auf etwas reduziertem Niveau, durchverhandelt. „Wir können nicht die Hände in den Schoß legen und Glühwein trinken.“ Wegen des Beschleunigungsprinzips dürfen laufende Prozesse nicht für länger als drei Wochen unterbrochen werden. Über Arnoldis Schreibtisch hängt ein Wort, das Herbert Marcuse im Familienkreis ausgab, wenn es schwierig wurde, und das auch als Motto für das kommende Jahr gelten kann: „Weitermachen“.

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