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Berlin: Eine kurze Geschichte des Alls

Unser Kosmos entstand mit dem Urknall – aber womöglich ist er nur ein Ableger einer ganzen Schar von Universen

Schauen Sie sich das einmal in Ruhe an. Es ist ein weiter Blick ins Universum hinaus, eine Aufnahme, die mit dem Weltraumteleskop „Hubble“ gemacht wurde. Die vielen kleinen Scheibchen auf dem Bild sind alles Galaxien: Welteninseln im dunklen Raum, Sternsysteme wie unsere Milchstraße. Im Kosmos gibt es 100 Milliarden solcher Galaxien und in jeder von ihnen kreisen 100 Milliarden Sterne, Sterne wie unsere Sonne. Unvorstellbar viel. Und doch bescheiden wenig.

Das Weltall ist fast leer. In nur einem Liter Luft gibt es mehr Atome als Sterne im ganzen Universum. In seinen Weiten sind nur hier und da leuchtende Scheibchen zu sehen, etwa im Galaxienhaufen „Abell 2218“, der oben im Bild gezeigt wird. Wie diese Inseln des Lichts entstanden sind, möchten wir von heute an im Rückblick betrachten.

Das kosmische Kalenderjahr fängt mit dem Urknall am 1. Januar um 0 Uhr an und endet in der Nacht des 31. Dezember in der Jetztzeit. In dieser Zeitskala fällt die Geburt der ersten Sterne noch in den Monat Januar, unsere Sonne und die Erde bildeten sich erst im September, seit der Geburt Jesu Christi sind 15 Sekunden verstrichen und unsere eigene Lebensspanne verkürzt sich auf den Bruchteil einer einzigen Sekunde. Schnipp!

Das Aufregendste an dieser Zeiteinteilung aber ist die Geschwindigkeit, mit der sich das Leben auf der Erde ausbreitete. „Nachdem die Erde einmal entstanden war, dauerte es nur noch drei Wochen, bis die ersten Blaualgen da waren“, sagt Günther Hasinger, Direktor am MaxPlanck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching. „Das ist eine sehr kurze Zeit.“ Hasinger ist unser Begleiter auf der Reise in die Vergangenheit. Der Experte für die Frühzeit des Alls wird im März mit dem mit 1,55 Millionen Euro Forschungsgeld dotierten Leibniz-Preis 2005 ausgezeichnet.

Mit ihm wollen wir nun zum Ursprung zurückkehren, zum 1. Januar, an dem alles begann. Aus bislang völlig unerfindlichen Gründen. Vielleicht ist unser Universum einzigartig. Vielleicht ist es aber auch Teil eines ganzen Systems von Universen, die sich reproduzieren und Baby-Universen hervorbringen. Wir wissen es nicht. Einstweilen bleibt offen, ob diese schöpferische Welt ohne Anfang und ohne Ende ist, lediglich in ewiger Transformation begriffen. Ob sie mehr bedeutet als einfach: sie selbst.

Immerhin können wir die Geschichte des uns bekannten Universums mittlerweile weit zurückverfolgen. Wir können rekonstruieren, dass vor 13,7 Milliarden Jahren alle Materie auf einen winzigen Raum konzentriert war. Dieser Feuerball, dieses extrem heiße Gas, dehnte sich rasant aus. War es zunächst so heiß, dass sich alle Materie in ihre kleinsten Bestandteile wie etwa die Quarks und Gluonen auflöste, kühlte sie schon bald ab.

Nach und nach schlossen sich die Partikel zu immer größeren Objekten zusammen. Binnen einer Sekunde entstanden Protonen und Neutronen, später die Atomkerne. Aber erst nach etwa 100000 Jahren war es mit weniger als 3000 Grad Celsius kalt genug, dass die ersten Atome aus dem Feuerball kondensierten wie Regentropfen aus einer Wolke. Viele dieser ursprünglichen Wasserstoffatome trägt ein jeder von uns noch heute in sich.

Langsam nahm das All Gestalt an: Nach den Molekülen entwickelten sich kältere, größere Strukturen, Nebel und Wolken. „Am Anfang war die Materie im Kosmos gleichmäßig verteilt“, sagt Hasinger. Wie in dieser Suppe der erste Stern entstand, erfahren Sie in der morgigen Ausgabe.

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