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Berlin: Eine Ode an den Frieden

Es war die Gala der großen Gesten: Bei „Cinema for Peace“ im Schauspielhaus kamen 300000 Euro für den guten Zweck zusammen

Auf der Leinwand über der Bühne: Bilder von explodierenden Minen. Beinamputierte Kinder. Brennende Felder.

Im Saal: Tiefdekolletierte, teure Designer-Roben. Zitronengras-Spießchen von Jakobsmuscheln. Stars aus Hollywood, unter anderem.

Unter den Gästen: Der frühere DDR-Chefspion Markus Wolf und der Unternehmer Hans Wall mit ihren Familien, zusammen an einem Tisch, der das Happy End des Kalten Krieges spiegelt: Markus Wolfs Tochter Claudia ist seit sieben Jahren die Frau des (West-)Berliner Unternehmers Wall.

Das alles muss man aushalten. Liza Minnelli kann so etwas aushalten. Bei der „Cinema for Peace“-Gala erinnerte sie sich an die Dreharbeiten für „Cabaret“. Damals, als der Kalte Krieg mit seiner nuklearen Bedrohung noch über dieser Stadt Berlin lag. „Wer sagt, dass wir die Welt nicht ändern können?“, ruft sie mit rauchiger Stimme ins Publikum. „Wir müssen an das Gute im Menschen glauben. Wir haben die Verantwortung, diese Botschaft zu verbreiten.“

Wie ein roter Faden zieht sich dieser Gedanke durch den ganzen Abend: „ Wir können einen Unterschied machen.“ Streckenweise inszeniert wie eine religiöse Zeremonie: ein Chor in langen weißen Gewändern, Beethovens „Ode an die Freude“, eine Friedensflamme, entzündet in fünf Kontinenten, jetzt auf dem Gendarmenmarkt vereint und in Szene gesetzt von Christopher Lee und Ela Ghandi, der langjährigen Mitkämpferin Nelson Mandelas, die hier einen Satz ihres Großvaters Mahatma Ghandi zitiert. „Es gibt keinen Weg zum Frieden. Frieden ist der Weg.“ Wer das zu heftig findet, wird von Moderatorin Desiree Nosbusch umgehend an die 35 Kriege erinnert, die derzeit auf der Welt stattfinden. Sind die etwa nicht zu viel?

Zum Rinderfilet in milder Chilisauce gibt es auf der Leinwand ein Bild von drei befreundeten Jungen namens Abraham: einer trägt einen jüdischen Gebetsschal, Einer ist Muslim, der dritte hält ein christliches Kreuz. „Wir müssen die Metapher ,Krieg‘ loswerden, wie in ,Krieg gegen Terrorismus‘, sagt der amerikanische Friedensmissionar Deepak Chopra. „Wir brauchen keine Kriege, sondern kreative Lösungen.“

Giora Feidman spielt auf seiner Klarinette eine eigene Komposition mit Elementen aus der deutschen, der israelischen und der palästinensischen Nationalhymne. „Wir sind nur eine einzige Familie “, sagt er. Der irische Sänger Bob Geldof überreicht den Diamond Cinema for Peace Award dem englischen Regisseur John Boorman. Der spricht kurz über die Kunst des Vergebens. Der ebenfalls ausgezeichnete Lars von Trier hatte nur ein Video geschickt. Seine Produzentin war über leichte Kürzungen so verärgert, dass sie spontan auf die Bühne stieg und schimpfte.

Christina Rau spricht als Schirmherrin über Kinder, die als Soldaten Täter und Opfer zugleich sind und erst wieder versöhnt werden müssen. Betont, dass Cinema for Peace im vorigen Jahr das profitabelste Event für Unicef war.

Bei der anschließenden Auktion guter Taten ist der Event-Managerin Beate Wedekind ein Auftritt von Otto in einer Kinderkrebsklinik immerhin 23000 Euro wert. Christopher Lees Lesung im Kinderheim bringt 13000, die Gitarre der Scorpions 10000 Euro. Spät am Abend kommt Liza Minnelli erneut auf die Bühne. Gäste wie Florian Langenscheidt, Liz Mohn und Katja Riemann ersteigern gemeinsam einen Live-Auftritt von ihr. 51 000 Euro kommen zusammen, nur damit sie noch einmal „Cabaret“ singt in Berlin. Und sie tut es, auch wenn die Stimme nicht mehr ganz jugendfrisch ist. Technische Perfektion war gestern. Heute muss man sich überwinden können, mehr zu geben. Liza Minnelli ist groß genug, stellt sich der Verantwortung und singt wunderbar.

Man muss wahrscheinlich so jung und vorurteilsfrei sein, wie der Produzent Jaka Bizilj, der diese Gala macht, die Glamour mit Grauen konfrontiert und keinen Gast vergessen lässt, warum er eigentlich hier ist. 300000 Euro seien an dem Abend zusammengekommen, verkündet er am Ende stolz. So fängt man an, Dinge zu ändern.

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