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Berlin: Eine Sinfonie der Erinnerung

Lange Nacht im ehemaligen Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen. Am heutigen Mittwoch wird das multimediale Projekt erneut gezeigt

Eine Lange Nacht kann schlicht lang sein. Und kalt. „Die Lange Nacht des 17. Juni“ in der Gedenkstätte Hohenschönhausen sollte auch an die vielen dunklen Stunden erinnern, die Häftlinge im Kellergefängnis der StasiHaftanstalt verbrachten. Nach dem Volksaufstand waren die Zellen im so genannten „U-Boot“ gut gefüllt. Die Männer lagen in fensterlosen Kammern auf blankem Holz und warteten wie Kafkas Held Josef K. vergeblich auf ihren Prozess.

Den Hof des Gefängnisses hatten sich die Veranstalter ausgesucht, um mit einer multimedialen Aufführung die Ereignisse des 17. Juni 1953 wiederaufleben zu lassen, um „diesen Tag dem Gedächtnis zurückzugeben“, wie Kulturstaatsministerin Christina Weiss zum Auftakt sagte. Der Erhabenheit und Kühnheit dieses Tages sei wohl nur mit den Mitteln der Kunst beizukommen. Gekommen waren rund 300 Gäste – die meisten von ihnen Gewerkschafter auf Einladung ihres Chefs, Klaus Wiesehügel von der IG Bau-Agrar-Umwelt. Wiesehügel erklärte den 17. Juni denn auch zum „Markstein der gemeinsamen deutschen Bauarbeiterbewegung“ und dachte laut darüber nach, ob er wieder Feiertag sein sollte.

Für die Erhabenheit des Abends sorgte zunächst Leon Buche, ein 14-jähriges Musikgenie. Er hatte exklusiv zum 50. Jahrestag seine „Sinfonie Nr. 2 – Der Aufstand“ komponiert. In den drei Sätzen – Verlorenheit, Hoffnung, Verzweiflung – sind fröhlich-marschierende Demonstranten, aber auch die russischen Panzerketten herauszuhören. Er habe sich einfach Spielfilme über den 17. Juni angeschaut, sagt Buche, und dann „drauflosgeschrieben“. Für die Welturaufführung, ausgeführt durch das Babelsberger Filmorchester, erntete er mehrere Bravo-Rufe.

Inzwischen wurde die Lange Nacht zunehmend kalt. Nicht für jeden gab es eine Filzdecke. Für eine theatralische Collage aus historischen Reden, Reportagen und Filmdokumenten hatte der künstlerische Leiter, Günter Jeschonnek, Schüler der Berliner Schauspielschule Reduta verpflichtet. loy

Die Lange Nacht des 17. Juni findet heute Abend zum letzten Mal statt. Um 19 Uhr fahren BVG-Busse ab Alexanderplatz zur Gedenkstätte. Eintritt: 11 Euro.

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