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Berlin: Eine Vertrauensfrage

Der Geflügelskandal lässt die Umsätze der Dönerproduzenten einbrechen Fleischereien sind kaum betroffen. Bioanbieter gehören zu den Gewinnern

Mindestens vier Wochen will Ilyas Darakci abwarten, ob die Berliner zu ihren alten Essgewohnheiten zurückkehren. „Wenn es dann nicht besser wird, muss ich die ersten Mitarbeiter entlassen.“ Seit zehn Jahren beliefert Darakci mit seinem Marienfelder Unternehmen „Euro Can“ Dönerbuden mit Geflügel- und Rindfleisch, allein 150 Buden sind es in Berlin. Seit dem jüngsten Skandal um verdorbenes Geflügelfleisch aus Niedersachsen klagt er über Umsatzeinbußen bis zu 50 Prozent. „Das ist schlimmer als bei allen früheren Fleischskandalen“, sagt Darakci. Wie „Euro Can“ ergehe es vielen der rund 40 Berliner und Brandenburger Dönerproduzenten, sagt Hanifi Aydin vom ATDID, dem „Verein türkischer Dönerhersteller in Europa“ mit Sitz am Kurfürstendamm. Und angesichts immer neuer Schreckensmeldungen über vergammeltes Fleisch sei davon auszugehen, dass sich die Umsätze „nicht allzu schnell erholen werden“. Für die Zukunft fordert Aydin schärfere Kontrollen: „Jeder Dönerproduzent sollte einmal pro Tag kontrolliert werden, dann hätten schwarze Schafe keine Chance mehr.“

Von Umsatzeinbußen ist aber nicht nur die Geflügelbranche betroffen. Der Fleischgroßhändler Michalski, der täglich 300 Berliner Hotels, Restaurants und Kantinen beliefert, spricht von „leichten Rückgängen zwischen fünf und zehn Prozent“. Das sei derzeit noch verkraftbar, sagt Mitarbeiter Werner Möbius. Dramatisch werde es erst, wenn die Krise bis zum Weihnachtsgeschäft andauere oder sich noch verschärfe. Konstante Verkaufszahlen meldet dagegen die Berliner Fleischer-Innung. Geschäftsführerin Simone Schiller erklärt sich das mit der Möglichkeit, dem oft schon bekannten Fleischermeister hinter der Theke bei seiner Arbeit zuzusehen: „In der Krise wenden sich die Kunden an den Fachmann, dem sie vertrauen.“ Außerdem gingen die Leute lieber an die Theke, weil sie dort Fragen stellen könnten, sagt Andreas Laubig von der Otto Reichelt Fleisch und Wurstwaren GmbH, die in Berlin die Supermarktketten Edeka und Reichelt beliefert. „Das ist der große Vorteil gegenüber dem Selbstbedienungsregal.“

Gewinner der Krise sind Bio-Supermärkte und -fleischereien. Zwar verzeichnet auch die Reinickendorfer Biofleischerei Feindura GmbH leichte Umsatzrückgänge im Geflügelverkauf, dafür würden die anderen Fleischsorten in jüngster Zeit überdurchschnittlich stark nachgefragt, sagt Inhaber Matthias Brock. „Wer die Frage nach der Herkunft seiner Produkte glaubwürdig beantworten kann, kann jetzt mit Umsatzsteigerungen rechnen.“

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