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Berlin: Eine Zuflucht für missbrauchte Kinder

Das Projekt KIZ hilft Opfern sexueller Übergriffe – und braucht Spenden für Spiele, Möbel und Umbau

So viele Bewerbungen gab es für unsere Weihnachtsspendenaktion noch nie: Mehr als 160 Mappen von sozialen Vereinen sind eingegangen. Der Spendenverein hat alle sorgsam gesichtet und geprüft. Wegen der großen Nachfrage werden wir in diesem Jahr noch mehr Projekte bedenken. Ab heute bis Weihnachten stellen wir die ausgewählten alle zwei Tage vor – und bitten Sie, liebe Leser, um Spenden. Heute: ein Hilfsprojekt für sexuell missbrauchte Kinder.

So könnte es auch in jedem gut sortierten Kinderzimmer aussehen: ein Kaufmannsladen, eine kleine Schultafel, ein gemütliches Kissenlager und jede Menge Spielsachen. Nur der Boxsack ist ungewöhnlich. Er ist das erste Anzeichen dafür, dass es sich bei den Räumlichkeiten in der Neuen Schönhauser Straße 16 in Mitte nicht um irgendein Spielzimmer handelt. Vielmehr ist es ein Ort des Schutzes, der Geborgenheit, aber auch des Aggressionsabbaus. Denn hier finden diejenigen eine Zuflucht, für die das eigene Zuhause zur Hölle geworden ist. Weil sie von einem Familienangehörigen oder einem Fremden sexuell missbraucht wurden – zum Teil über Jahre. „Wir haben hier Kinder im Alter von drei Jahren, aber auch junge Erwachsene“, sagt Sigrid Richter-Unger. Sie leitet die Einrichtung „KIZ – Kind im Zentrum“ des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks Lazarus.

Im nächsten Jahr begeht die Beratungsstelle ihr zwanzigstes Jubiläum. „Wir waren eines der ersten Projekte, die sich nicht nur um Mädchen kümmerten, sondern auch um missbrauchte Jungen und um die Familien der Opfer“, sagt die Leiterin. Den Tätern werden ebenfalls Therapien angeboten, wenn sie ihre Strafe verbüßt haben. Bei KIZ geht es aber in erster Linie um die Opfer. Im Schnitt werden jedes Jahr 60 Mädchen und Jungen betreut. Sie werden in zwei Schritten therapiert, damit sie die furchtbaren Erlebnisse mit Opa, Vater, Bruder – aber auch Mutter oder Tante verarbeiten können. Wenn die Kinder in Begleitung von Mitarbeitern des Jugendamtes oder von Freunden zum ersten Mal ins „KIZ“ kommen, sollen sie spüren, „dass das hier ein Ort ist, an dem niemand schockiert ist von ihren Geschichten“. Dann können sie ihren Erlebnissen spielerisch Ausdruck verleihen – unter den Augen von Spieltherapeuten und Psychologen. „Die Kinder malen oder lassen im Kampf mit Schaumstoffschwertern Wut heraus“, sagt Richter-Unger.

Statistisch ist die Zahl der sexuell missbrauchten Kinder im Jahr 2005 in Berlin zwar um 74 Fälle auf 704 registrierte Übergriffe zurück gegangen. „Aber davon ist bei uns nichts zu spüren“, sagt die Leiterin. Die Dunkelziffer sei sehr hoch. Die Opfer stammten aus allen gesellschaftlichen Schichten. „Besonders schwer haben es jedoch die Kinder aus gutem Haus, weil ihnen oft nicht geglaubt wird, denn wer vermutet schon beispielsweise hinter einem netten Rechtsanwalt einen Triebtäter.“

Finanziert wird der Verein unter anderem vom Senat. „Aber das langt natürlich nicht“, so Richter-Unger. Die Verantwortlichen haben schon ihr eigenes Geld in das Projekt gesteckt. „Wir sind dringend auf Spenden angewiesen, etwa um die Räume freundlicher zu gestalten“, so Richter-Unger. Mit dem Geld aus der Tagesspiegel-Spendenaktion sollen aber auch neues therapeutisches Material sowie Möbel und Spielsachen angeschafft werden. „Vieles ist kaputt und unvollständig, weil die Sachen stark beansprucht werden“, erklärt Richter-Unger. „Das wünschen wir uns – und auch die Kinder“, so die KIZ-Leiterin. Schließlich sind die Therapieräume keine gewöhnlichen Spielzimmer. ctr

Das Spendenkonto: Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse, Ktnr. 25 00 30 942, BLZ 100 500 00. Onlinebanking ist möglich. Notieren Sie Namen und Anschrift für den Spendenbeleg. Internet: www.tagesspiegel.de/spendenaktion.

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