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Einfach abtauchen: Das sind die besten Oster-Verstecke in Berlin

Ostern ist voller Heimlichkeiten, alles muss man suchen. Es sei denn, man findet selbst einen sicheren Schlupfwinkel. Nur wo? Wir haben Berlins beste Verstecke gesammelt.

ST. HEDWIGS-KATHEDRALE

Zuerst die Zahlen: In Berlin leben rund 3,5 Millionen Menschen. Die Wahrscheinlichkeit, auf der Straße, beim Bäcker oder sonst wo einen Katholiken zu treffen, liegt nicht ganz bei 1:10. So etwa 300 000 Menschen sind katholisch, viel ist anders. Jetzt die Anekdote: Ein befreundetes Paar auf Berlinbesuch, sie Italienerin, er Pole, beide katholisch, dass es nur so kracht. Ein schöner Tag im Sommer, der Stadtrundgang endet vor der Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz. Rein in die Kirche, routinierter Griff ins Weihwasserbecken, alles bestens. Dann, er, leiser Zweifel in der Stimme: „Und das hier ist die wichtigste Kirche der Berliner Katholiken?“ Es scheint so. Sie, wispernd: „Aber hier ist ja niemand.“ Dass das so nicht richtig sei, sagt man dann und deutet in Richtung der Unterkirche, aus der jetzt dünner Chorgesang nach oben plätschert. Sie, kritischer Blick nach unten: „Aber das sind doch höchstens zehn Leute, und alle alt.“ Nun, so sieht es aus, hier ist echt wenig los. Die Hedwigs-Kathedrale – ein Versteck für die Götter!

Nachteil: Touristen werden Sie begaffen. Oder bewundern.

Vorteil: Fast freie Platzwahl.

MÜNZKABINETT IM BODEMUSEUM

Ein echter Geheimtipp: Hinein in die gute Stube, erste Treppe rechts hoch, ab durchs Café, vorbei an Postkartenständer und Mürbeteigkuchen, scharf links halten, die schwere Holztür öffnen, der Wärterin die Eintrittskarte zeigen und immer den Gang entlang, bis in Raum 241, „Münze und Geld“. Dann unauffällig in die rechte Raumecke, irgendwo zwischen dem „Brakteatenfund von Trebbin“ und dem „Pasewalker Doppelschillingfund“, denn da liegt es: das perfekte Versteck. Verkeilen Sie sich unter braungetäfelten Holzvitrinen, ziehen die Knie bis ins Gesicht und warten. Sie werden lange warten, wirklich sehr lange. Manchmal kommt die freundliche Museumswärterin, aber die wird dichthalten, weiß sie doch selbst: „Das Bodemuseum, das ist schon speziell, da muss man sich schon für interessieren.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Interesse exklusiv ist, dürfte recht hoch sein.

Nachteil: Nackenstarre.

Vorteil: Gut beheizt.

CHECKPOINT CHARLIE

„Der Revolutionär muss sich in den Volksmassen bewegen wie der Fisch im Wasser“, wusste schon Mao, der in Sachen Volksmassen durchaus vom Fach war. Das Gleiche gilt für den Berliner auf Verstecksuche. Der Maoismus im Praxistest: nirgends leichter als am Checkpoint Charlie. Tauchen Sie ein in wuselnde Menschenmassen, genießen Sie den heißen Wurstatem, den Ihnen der freundliche Hintermann in der Warteschlange vor dem „Zentrum Kalter Krieg“ liebevoll in den Nacken bläst oder werden Sie Zeuge, wie Geschmacksverstärker und Würzfleisch in der als „Glutamat-Hölle“ gepriesenen Fressbudenlandschaft eine zauberhafte Verbindung eingehen. Erfreuen Sie fremde Touristengruppen mit Ihrer Anwesenheit, wenn sich diese vor bunt bemalten Mauerstücken in Positur stellen. Und bitte: Geben Sie sich Mühe, lächeln Sie, werden Sie eins mit den Volksmassen und bereichern Sie fremder Leute Fotoalben.

Nachteil: Man wird Sie fotografieren.

Vorteil: Und trotzdem nicht erkennen.

Naheliegend mit Nebenwirkung: Das Darkroom-Versteck

VOLKSBANK, SCHLOSSSTRASSE

Drei Versteck-Argumente sprechen für den mittlerweile durchaus nicht unberühmten Tresorraum der Volksbank-Filiale in Steglitz. Erstens: Es ist zwar gute Krimiregel, dass Verbrecher immer an ihren Tatort zurückkehren. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass in den nächsten Tagen, Wochen oder Monaten hier ein zweiter Tunnel gebuddelt und der Tresorraum erneut durch die Außenwand betreten wird. Der Tresor dürfte also – zumindest theoretisch, man muss ja aufpassen, was man so schreibt – „sicher“ sein. Zweitens: Weil der Tresor sich schon einmal als alles andere als sicher erwiesen hat, wäre es unter Umständen denkbar, dass sich Menschen auf der Suche nach sicheren Verstecken für Geld, Gold und Kronjuwelen derzeit für andere Orte entscheiden. Was wiederum – drittens – einen erneuten Einbruch für Beuteinteressenten noch einmal unattraktiver gestalten würde. Sie merken es selbst: Ein Teufelskreis. Und an der Stelle kommen Sie ins Spiel. Denn wo niemand hin will, aus welchen Motiven auch immer, wird Sie niemand vermuten. Also los.

Nachteil: Fremde haben im Tresorraum nichts verloren, sagt die Bank.

Vorteil: Das haben die schon mal gesagt.

DAS VERSTECK

Das Meta-Versteck – und eines mit Verwechslungsgefahr außerdem. Die Wahl liegt bei Ihnen: Entweder Sie verschwinden in der Kneipe „Das Versteck“ in der Schöneberger Motzstraße, zocken mit beim samstäglichen Bingo-Abend oder tüddeln sich – sofern weiblich – beim „Cocktail-Spezial“ prächtig einen in die Krone. Oder aber Sie sehen zu, dass Sie irgendwie auf dubios verschlungenen Pfaden an den Schlüssel für „Das Versteck“ gelangen, ein anonym anmietbares SM-Studio in Tempelhof. Es ist eine Neigungsfrage, entweder Bier trinken in Schöneberg oder aber kompetent verschnürt zwischen Andreaskreuz und Sprossenwand in Tempelhof aufs Entdecken warten.

Nachteil: Die Qual der Wahl.

Vorteil: Die Wahl der Qual.

BÄRENKOSTÜM

Für alle, die schon immer mal ihre Verbundenheit zur Stadt ausdrücken wollten eignet sich natürlich das besonders das Vorbild Kennedy, „Ich bin ein Berliner“ und alles. Problem: Als Kostümierung denkbar ungeeignet, erschwerend kommt hinzu, dass Sie sich verstecken sollen und nicht vor entfesselten Berlinern am Schöneberger Rathaus große Reden schwingen. Wie viel besser ist da die Verkleidung als Berliner Bär. Frei beweglich streunern Sie durch die Stadt, nehmen Aufstellung vor beliebten Attraktionen, lassen sich fotografieren und kassieren außerdem noch ab. Arbeitsmaterial hält jeder gut sortierte Kostümverleih bereit, Anfänger starten mit dem schlichten Braunbär-Outfit. Ambitionierte erweitern um die typische Berlin- Schärpe, dürfen dafür aber zur Strafe nur vor dem Brandenburger Tor rumstehen, wo sie in einem erbarmungslosen Verdrängungskampf zwischen NVA-Soldaten, Walt-Disney-Figuren und Star-Wars- Darstellern aufgerieben werden. Versteck-Extremisten mit Tendenz zum politischen Engagement greifen nach dem Eisbärkostüm und posieren am Ostersonntag vor dem einstigen Knut-Gehege im Berliner Zoo, in den Tatzen ein Plakat mit dem frechen Slogan „Messer, Schere, Gabel, Licht – Zootierhaltung mag ich nicht“.

Nachteil: Ganz schön albern.

Vorteil: Eben drum.

LANDHAUS ALPINIA

Hotel geht immer. Vor allem wenn es ein, Achtung, Hideaway ist. Hotels gibt es bekanntlich in Berlin inzwischen mehr als in New York, kein Grund also, sich auf die große Stau-Piste zu begeben, um anderswo ebenso mieses Wetter vorzufinden wie zu Hause. Als Versteck bietet sich beispielsweise das Hideaway „Landhaus Alpinia“ an, denn schon wegen des Namens vermutet man es ja eher im Allgäu. Und dann ist da noch die Lage: Mariendorf! Gut, die Trabrennbahn ... aber ein schnuckeliges Hotel in der ansonsten sehr bürgerlichen Säntisstraße 32-34 mit angeschlossenem Wirtshaus, wo man sogar Herrenschnitzel bekommt, aber auch Lamm und Seeteufelpralinen, das wissen viele nicht, vermuten es wohl nicht mal. Die ganze Lage ist so abseits der ausgetretenen Trampelpfade, dass sie sich nicht nur als Versteck für alle eignet, die mal eine Weile nicht auf Englisch mit wahlweise japanischem, italienischem oder spanischem Akzent gefragt werden wollen: „Excuse me please, where’s the wall?“ Jedenfalls ist die Mauer nicht in Mariendorf geblieben, Leute. Das ist die heile Welt der Vorgärten. Und die ist für Berliner so exotisch, dass sie mehr als nur einen Osterspaziergang wert ist.

Nachteil: Wer Japanisch-Englisch gerne hört, ist hier falsch.

Vorteil: Lecker Herrenschnitzel.

DARKROOM

Ebenso einfach wie naheliegend. Doch Achtung: Wer die Dunkelheit solcher Räume schätzt, dem geht es nicht vorrangig ums Verstecken, sondern um schnellen, unkomplizierten Sex. Erfunden wurden die schummrigen Hinterzimmer in der US-amerikanischen Homo-Szene. Heute gibt es sie nicht mehr nur in Schwulenclubs und -bars. Inoffizielle Statistiken zählen in Berlin ein paar Dutzend solcher Orte, der bekannteste befindet sich im Berghain. Im Schutz der Anonymität lassen sich Dinge anstellen, von denen Befürworter dieser Treffs bei Tageslicht nicht mal ihrem besten Freund erzählen würden. Aber, nochmals Achtung: Darkrooms sind keineswegs stockdunkel. Dürftiges Schummerlicht lässt die Umrisse potenzieller Partner erahnen und schlimmste Überraschungen verhindern. Manche Betreiber arbeiten mit Schwarzlicht. Weiße T-Shirts sind daher ungünstig – es sei denn, man will leuchten wie Hui Buh, das Schlossgespenst. Darüber hinaus sind Schlüssel und Kleingeld vorab gut zu verstauen. Was hier aus den Taschen fällt, findet man bestimmt nicht wieder. Die Partnerwahl funktioniert übrigens denkbar einfach: Frontales Ausrichten auf eine andere Person signalisiert Interesse. Bei Männern mit Baseballcaps ist allerdings Skepsis angebracht. Die jugendliche Kopfbedeckung dient älteren Herren gern als Tarnung.

Nachteil: Vorsicht, Verwechslungsgefahr: In Darkrooms geht es nicht um die Entwicklung von Analogfilmfotos.

Vorteil: Um Digitalfotos aber auch nicht.

Mitarbeit: Elisabeth Binder, Nana Heymann, Anke Myrrhe

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