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Berlin: Einig mit Heine

Denkmal am 205. Geburtstag des Dichters feierlich enthüllt

An seinem 205. Geburtstag beschäftigt Heinrich Heine, der Poet, Demokrat und Exilant, noch einmal die Polizei – diesmal aus versöhnlichem Anlass. Ein Schutzmann steht einsam hinter der Neuen Wache und erwartet in eisiger Kälte die Ehrengäste, die das Denkmal des Dichters am Freitagvormittag feierlich enthüllen wollen. Der Wachtmeister weiß nicht viel von Heine. „Dass er ein großer deutscher Dichter war“, so viel immerhin. Und dass sich die Geister an ihm schieden. „Ich bin im Osten zur Schule gegangen. Da haben wir Heine gelesen, aber vermutlich ganz andere Texte als im Westen.“

Es hat lange gedauert, bis die Bronzeplastik des sitzenden Poeten den Platz gefunden hat, den der Bildhauer Waldemar Grzimek ihm zugedacht hatte. 1956 hatten DDR-Kulturfunktionäre der Figur den zentralen Ort verweigert, weil sie ihnen nicht heroisch genug war. Das Heine-Denkmal wanderte an den Volkspark Weinbergsweg an der Brunnenstraße. Doch nach zuletzt fünf Jahren des Streits um den Standort versammelten sich die Protagonisten gestern in freudiger Einigkeit um den zweiten Abguss der Plastik. „Es ist Heine würdig, dass wir uns ein wenig zanken mussten“, sagte Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) auch an die Adresse von Kultursenator Thomas Flierl (PDS), der die Aufstellung als ehemaliger Baustadtrat von Mitte lange verzögert hatte.

Doch mit solcherlei Zwist der Vergangenheit hielt sich die kleine Gruppe, die zur Enthüllung gekommen war, nicht lange auf. Die beiden Senatoren, der Unternehmer Peter Dussmann, der den Bronze-Abguss finanziert hat, sowie der künstlerische Nachlass-Verwalter des 1984 verstorbenen Bildhauers beeilten sich, ihre vorbereiteten Reden wegen der Kälte abzukürzen.

Berlins CDU-Chef Christoph Stölzl, der den Anstoß dazu gab, Heine an den rechten Platz zu rücken, ließ den Dichter selbst zu Wort kommen: „Heine hat Berlin ein grosses Krähwinkel genannt, hat scharfsichtig erkannt, dass die Meckersucht eine Schwäche der Stadt ist. Keine Stadt hat weniger Lokalpatriotismus als Berlin. Aber für den Stolz Berlins, seine Intellektualität, hat der gleiche Heine die vielleicht bis heute witzigste Formulierung gefunden: Berlin ist gar keine Stadt, sondern Berlin gibt bloß den Ort dazu her, wo sich eine Menge Menschen, und zwar darunter eine Menge Menschen von Geist, versammeln, denen der Ort ganz gleichgültig ist…“

Immerhin hat Berlin gezeigt, dass es ihm keineswegs gleichgültig ist, Heine an würdigem Ort zu ehren.

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