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Berlin: Einsatz der Saubermänner

Was haben Bonn, Hamburg, Braunschweig und München gemeinsam? Vorbildliche stadtweite Putzaktionen.

Diethelm Schneider und seine Truppe sammelten zehn Kilo Hundekot, dafür erhielten sie von der Stadt Bonn ein Marzipanschwein. Es war ein Kilo schwer und ist inzwischen verzehrt. Schneider, 44, arbeitet ehrenamtlich beim Naturschutzbund Deutschland e.V. (Nabu). Seit drei Jahren beteiligt er sich mit seiner Nabu-Gruppe an der jährlichen Stadtputzaktion in Bonn. Charlotte Schraeder, 73, ist seit vier Jahren dabei. Mit Bewohnern ihres Mehrgenerationenhauses stopfte sie im vergangenen Herbst Müllsäcke voll, unter anderem mit Monate alten, vergessenen Silvesterraketen.

Sie heißen „Bonn Picobello“, „Hamburg räumt auf“, „Kölle putzmunter“, „Aktion Stadtputz“ in Braunschweig. In vielen deutschen Städten gibt es das jährliche gemeinsame Reinemachen schon lange. Die Teilnehmerzahlen steigen. Oft sind es die Stadt, Stadtreinigungsbetriebe und Tageszeitungen, die die Putzaktion starten. „Bonn Picobello“ findet am 29. September zum neunten Mal statt. Organisiert wird es von der Stadt Bonn und dem Amt für Stadtreinigung und Abfallwirtschaft. Freiwillige können ihre Aktionen anmelden und bekommen dafür Müllsäcke, Handschuhe und Greifzangen. Zur Belohnung gibt es eine Urkunde – oder in besonders engagierten Fällen ein Marzipanschwein. In anderen Städten werden an die Freiwilligen Gutscheine verteilt, Bratwürste spendiert und Abschlussfeste mit Trampolin und Buden gefeiert.

Zeitpunkt, Dauer und Teilnehmerzahlen der Aktionen sind unterschiedlich. In Bonn waren es im vergangenen Herbst rund 1300 Teilnehmer, bei „Hamburg räumt auf“ im Frühjahr packten über zehn Tage hinweg fast 60 000 Bürger mit an, um 300 Tonnen Müll einzusammeln. Reifen, Einkaufswagen, Fahrräder, alte Kameras werden aus Büschen, Gewässern und Wäldern gezogen. Bei einem solchen gemeinsamen Kraftakt wächst das Bewusstsein für eine saubere Umgebung. Die Hessische Landesregierung rief gar zur Aktion „Sauberhaftes Hessen“ auf – eine Putzaktion für ein ganzes Bundesland. Über das Jahr verteilt werden Ziele wie Frühjahrsputz und saubere Schulwege in Angriff genommen.

Die älteste Stadtputzaktion ist die der Münchner. Sie wurde in einer Zeit geboren, als selbst die bayerische Hochglanz-Metropole es bitter nötig hatte: nach dem Krieg. Mehr als 7500 Bürger machten sich 1949 mit Spitzhacke und Schaufel ausgestattet an den Abtransport von Trümmerhaufen. Bagger und Lastwagen waren im Einsatz. Der damalige Oberbürgermeister hatte die Münchner mit dem Ruf „Rama dama!“, auf Hochdeutsch „Räumen tun wir!“, zur Mithilfe aufgefordert. Bis heute können „Ramadama“-Aktionen beim Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) angemeldet werden, aus Gründen des Vogelschutzes nur zwischen Herbst und Frühling. Die Freiwilligen bekommen Müllsäcke, Handschuhe und einen „Brotzeitzuschuss“. Der Müll wird vom AWM abtransportiert.

Charlotte Schraeder wird sich auch dieses Jahr wieder mit Schubkarre und Eimer aufmachen. Das größte Übel sieht sie in Zigarettenstummeln. Die lesen bei der Aktion am liebsten die Kinder aus ihrem Mehrgenerationenhaus auf. „Mit einer Greifzange eine Kippe aufheben ist eine feinmotorische Angelegenheit. Die Kinder finden das klasse.“

Diethelm Schneider hat vermutlich weniger Spaß bei seiner neuerlichen Putzaktion. Doch er weiß, wofür er die Hundehaufen beseitigt. Sie bedrohen nicht nur Schuhsohlen, in der Düne im Bonner Ortsteil Tannenbusch funktionieren sie wie unerwünschter Dünger: Was hier wächst, mag den Dünger nicht. „Die besonderen Pflanzen, die wir auf der Düne haben, werden durch den Hundekot gefährdet“, sagt Schneider. Ein Ende macht Schneiders Aktion dem Hundehaufen-Problem allerdings nicht. Doch die öffentlichkeitswirksame Meldung, dass zehn Kilo Hundekot von der Düne entfernt wurden, ist ihm den Aufwand wert.

Berlin fehlte ein gemeinsamer Stadtputz bislang. Doch am 15. September ruft der Tagesspiegel zum ersten Mal zur stadtweiten Aktion „Saubere Sache – Ein Tag für deine Stadt“ auf. Franziska Felber

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