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Ekel Lokal

© Wolff

Ekel-Lokale: Kontrolle ist gut, Nachkontrolle ist besser

Die Kunden schauen auf die Ekel-Liste der Bezirksverwaltung und sind empört. Mancher Ladeninhaber versteht nicht, warum er auf der Internet-Liste steht.

Mangelnde Grundhygiene, verschlissene Gerätschaften, stark verschmutzter Tresenbereich. Drei Läden auf der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg stehen auf der Negativliste, die der Bezirk Pankow am Montag in Internet veröffentlichte. Und wie sieht es an Ort und Stelle aus?

Der Inhaber der „Landfleischerei Looß“ hat nur ein Lachen übrig. Er sagt: „Wir arbeiten im Durchschnitt für 1000 Kunden am Tag auf 130 Quadratmetern. Wenn da im Spitzengeschäft eine Kontrolle kommt, ist klar, dass der Boden auch mal verschmutzt ist.“ In den vergangen zehn Jahren habe er die Kontrolleure etwa einmal im Jahr gesehen. Jetzt wüsste das Amt nicht einmal, dass er mit seinem Geschäft im März umziehe. „Und das nicht wegen der Mängelliste, sondern weil die Miete im Alexa billiger ist.“

Die Negativliste des Bezirksamtes stiftet Verwirrung unter den Betreibern. Mao Nguyen, der das Restaurant „Thai- Rice“ betreibt, sagt, er verstehe nicht, warum auf der Liste Mängel vom Oktober ausgewiesen würden, wo doch im Januar das Lokal erneut überprüft worden sei. Er führt hinter den Tresen und in die Küche. Bei der Prüfung seien zwar andere Mängel festgestellt worden, nicht aber die vom Oktober. „Im Januar hat niemand mehr etwas gesagt. Jetzt stehen wir mit Mängeln im Internet, die wir längst behoben haben“, behauptet er.

Im Lebensmittelaufsichtsamt hieß es dagegen, dass es sich im Januar um keine Nachkontrolle, sondern um eine Sonderprüfung gehandelt habe. „Dabei haben wir nicht die Mängel vom Oktober überprüft, sondern mussten auf Anweisung der EU Nudel-Produkte kontrollieren“, sagt der stellvertretende Leiter Lutz Zengerlin. Dabei seien weitere Mängel festgestellt worden, die eigentlich auch auf die Liste müssten. Fehler der Behörde schloss er aus. Nguyen habe eher Glück gehabt.

Kontrolle, Sonderkontrolle, Nachkontrolle – diese Logik kann Lokalbesitzer Nguyen, der schlecht Deutsch spricht, nicht so recht verstehen. Das Lebensmittelamt steckt noch in den Anfängen eines Systems, das in Dänemark bereit seit 2003 gesetzlich verankert ist und ein einheitliches Vorgehen vorsieht.

Das Lebensmittelamt hat alle Hände voll zu tun. Zu den 7000 zu prüfenden Einrichtungen zählen neben Restaurants, Supermärkten, Krankenhaus- oder Kitaküchen auch der Bereich Bedarfsgegenstände: „Wir kontrollieren auch Spielzeugläden, Boutiquen oder Drogerien.“ Im Jahresmittel sieht der Bezirk täglich vier Ladenprüfungen für jeden Kontrolleur vor. „Darunter fällt auch die Vor- und Nachbereitung, das Verfassen von Strafanzeigen oder Auflagen bis zur Anwesenheit bei einer Gerichtsverhandlung“, sagt Amtsleiter Wolfram Blaffert.

Stadtrat Jens Kirchner (Grüne) ist überzeugt, dass sich das neue System langfristig etabliert. „Ich wünsche mir, dass es in ganz Berlin verbindlich wird, dann würden wir die aktuelle Diskussion um die Einführung nicht führen müssen.“

Amtsleiter Blaffert sieht in der Aktion eine Erziehungsmaßnahme für unbelehrbare Wirte. „Die Betreiber sollen aktiv werden und von sich aus Kontakt aufnehmen, um vorzeitig von der Liste zukommen.“ Die Veröffentlichung sei der richtige Weg, um die Eigenverantwortung der Betreiber zu stärken.

„Gewerbefreiheit heißt auch: Verantwortung zeigen“, sagt Kirchner. Sicherlich sei es schwer, dieses Prinzip Menschen mit Sprachschwierigkeiten näher zu bringen. „Viele haben von Kühlketten oder Hygienestandards keine Ahnung.“ Der Sachkundenachweis, der vor vier Jahren abgeschafft worden sei, habe Wirten ein Verständnis für gastronomische Standards vermittelt. „Jetzt kann jeder ein Lokal eröffnen, auch wenn er davon keine Ahnung hat.“ 

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