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Berlin: Eltern sollen Schulbücher kaufen

Koalition stellt Lernmittelfreiheit in Frage /Literatur oft veraltet

Schulbücher müssen wohl bald von den Eltern selbst gekauft werden. Die Abschaffung der Lernmittelfreiheit sei angesichts der Berliner Haushaltslage „kein Tabu mehr“, sagte gestern ein Sprecher von Bildungssenator Klaus Böger (SPD). Auch die Schulpolitiker der SPD und PDS-Fraktion wollten dem nicht widersprechen. Es müsse aber ein Gutscheinsystem für sozial schwache Familien geben wie in anderen Ländern. Ähnlich hatte sich Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) zuvor in der SFB-Abendschau geäußert.

Im Unterschied zu Sarrazin geht Böger allerdings davon aus, dass die 15 Millionen Euro, die das Land pro Jahr für Schulbücher ausgibt, dem Bildungsbereich auf andere Weise erhalten bleiben. Ob er sich damit durchsetzen kann, ist allerdings offen. Wann die Frage entschieden wird, steht auch noch nicht fest. Sowohl Böger als auch die schulpolitische Sprecherin der PDS-Fraktion, Siglinde Schaub, betonten, man solle die Lernmittelfreiheit nicht „auf die Schnelle“ kippen. Deshalb komme es auch nicht infrage, dass diese Entscheidung im Rahmen des Nachtragshaushalts falle, der im Januar beschlossen werden soll. Wie berichtet, muss Böger noch 14 Millionen Euro einsparen.

„Viele Lehrer wünschen sich, dass die Schüler eigene Schulbücher haben, weil sie dann besser damit umgehen“, meinte Siglinde Schaub. Karl-Heinz-Nolte von der SPD nannte einen weiteren Aspekt, der für die Abschaffung der Lernmittelfreiheit spricht: „Es könnten modernere Bücher angeschafft werden.“ Denn angesichts der knappen Landesmittel werden Bücher oft jahrelang nicht ersetzt, sodass sich auch völlig veraltete Literatur in den Schulbibliotheken befindet. Deshalb findet sich in manchen Geschichtsbüchern noch die alte deutsche Teilung. Problematisch ist auch, dass viele Bücher noch in der alten Rechtschreibung abgefasst sind.

Dem Finanzsenator geht es allerdings alleine um die marode Haushaltslage. Nach rheinland-pfälzischem Vorbild denkt er daran, für Familien unterhalb bestimmter Einkommensgrenzen Gutscheine zu vergeben. Hamburg ist gerade dabei, die Lernmittelfreiheit abzuschaffen. In anderen Bundesländern wie Brandenburg und Rheinland-Pfalz beteiligen sich Eltern schon lange am Kauf der Bücher. Die Schulbuchverlage haben ausgerechnet, dass bundesweit die staatlichen Ausgaben für Schulbücher innerhalb der vergangenen zehn Jahre von 400 Millionen Euro auf 275 Millionen Euro zurückgefahren wurden. Das früher in Berlin übliche Verschenken der Schulbücher wurde schon vor Jahren durch die Buchausleihe ersetzt. sve

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