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Berlin: Emanuel Ungaro: Was will das Weib?

Man hört es immer wieder: Berlin ist en vogue in der Welt. Während wir uns unseren Selbstzweifeln hingeben, erzählen sich die Kreativen von New York bis Tokio von der Unverbrauchtheit, der Atmosphäre, dem Potenzial der deutschen Hauptstadt.

Von Susanna Nieder

Man hört es immer wieder: Berlin ist en vogue in der Welt. Während wir uns unseren Selbstzweifeln hingeben, erzählen sich die Kreativen von New York bis Tokio von der Unverbrauchtheit, der Atmosphäre, dem Potenzial der deutschen Hauptstadt. "Berlin wird zwangsläufig das kulturelle Zentrum Europas werden", glaubt Emanuel Ungaro, einer der Großen in der Pariser Mode. Und zeigt deshalb eine extra für diesen Zweck aus seiner letzten Haute-Couture- und der kommenden Prêt-à-porter-Kollektion zusammengestellte Modenschau in Berlin.

"Eigentlich sollten wir nach New York, weil dort unser Geschäft an der Madison Avenue erweitert wird", sagt Ungaros Kreativdirektor Giambattista Valli. "Als das Angebot aus Berlin kam, haben wir sofort umdisponiert." Valli ist Mitte Dreißig und mag die Clubs, die Kids, die statt Markenkleidung ihren eigenen Stil tragen, und das Knutschbild von Breschnew und Honecker an der Eastside Gallery. Emanuel Ungaro ist Ende Sechzig und liebt Kunst und Musik - und nicht zuletzt die deutsche.

Beim Mittagessen im Hotel Adlon will der Franzose süditalienischer Abstammung es gerne leger haben. "Wir müssen uns doch nicht wie Ministerialbeamte aufführen", sagt er und dirigiert: "Un, deux, hopp!", woraufhin die Kellner gleichzeitig die silbernen Hauben von den Tellern nehmen und die Stimmung sich lockert. Mit 22 ging der Schneidersohn aus Aix-en-Provence nach Paris und arbeitete sechs Jahre für Christóbal Balenciaga, den er heute noch "den Meister" nennt. 1965 gründete er sein eigenes maison de couture. Der Erfolg kam umgehend. Ungaros körperfreundliche Schnitte und gewagten Kombinationen von Farben, Mustern und Material trugen ihm einen treuen Stamm illustrer Kundinnen ein, unter anderem Anouk Aimée und Catherine Zeta Jones. Gena Rowlands kleidete er für "Gloria" (1979) ein, Cathérine Deneuve für "Manon" (1970) und "Le Suavage" (1975), Sharon Stone für "The Muse" (1998), um nur einige zu nennen.

Über seine Philosophie will Ungaro beim Mittagessen nicht plaudern, das fände er unseriös. Nur so viel: Er nimmt Mode ernst. "Ich bin kein Amateur" - keiner, der Intuition als oberstes Gebot betrachtet. "Fragen Sie ihn nach seiner Auffassung von Weiblichkeit", flüstert Giambattista Valli. Die Antwort ist eine Gegenfrage: "Wissen Sie, was Sigmund Freud am Ende seines Lebens sagte?" Wir wissen es, es ist eine weitere Frage: "Was will das Weib?" Ungaro fügt hinzu: "Weiblichkeit ist, was jede Frau in sich selbst findet. Und jeder Mann. Es lebe die Zweideutigkeit!"

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