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Berlin hat jetzt zwei Elite-Unis.

© dpa

Endlich Elite: Studenten sehen Exzellenzinitiative kritisch

Nun gehört nach der Freien Universität auch die Humboldt-Universität zu den deutschen Spitzenunis. Was das für sie bringt, ist unter Studenten umstritten.

„Ich studiere jetzt an einer Eliteuni“, sagt sie und grinst, „ist doch super!“ Der ironische Unterton ist kaum zu überhören: Laura Ballaschk ist keine, die solche Etiketten interessieren. Gemütlich zündet sich die Skandinavistik-Studentin der Humboldt-Universität (HU) eine Zigarette an, denkt kurz nach und sagt: „Ich glaube allerdings nicht, dass das einen Unterschied macht.“

Die 25-Jährige, halblange braune Haare, eckige Brille, ist zum Sommerfest der Freien Universität (FU) gekommen, weil sie dort im Alumnibüro arbeitet. Gemeinsam mit anderen Studentischen Hilfskräften steht sie etwas abseits an einem der weißen Stehtische auf der Wiese des Harnack-Hauses in Dahlem und diskutiert die am Freitag gefallene Exzellenzentscheidung. Die beherrscht an diesem Tag alle Gespräche. Für die HU sei es ein großer Gewinn, glaubt Ballaschk. „Da gab es schon ein großes Wetteifern mit der FU, da war viel Neid im Spiel“, sagt sie. „Es hieß immer: Warum die und nicht wir?“

Nun hat es auch die HU geschafft, und die FU hat ihren Status als Exzellenzuniversität verteidigen können. Am Stehtisch in Dahlem allerdings bleibt die große Begeisterung aus. „Es ist ja kein Geheimnis, dass davon bei den Studenten nichts ankommt“, sagt eine der Hilfskräfte. Tatsächlich ist der mit 2,7 Milliarden Euro dotierte Wettbewerb ein Wettbewerb für die Forschung, Lehre wird nicht gefördert. Dass die Lehre unter dem Wettbewerb sogar leidet, etwa weil sich Spitzenprofessoren ganz auf die Forschung konzentrieren, wird immer wieder kritisiert.

Können Studierende trotzdem profitieren? Julia Gernth glaubt, dass der Exzellenztitel ein Vorteil ist. Die 25-Jährige studiert Niederlandistik und englische Philologie an der FU. „Für den Lebenslauf ist es sicher gut: es klingt einfach besser, an einer Eliteuni studiert zu haben“, sagt sie. In ihrem Freundeskreis würden das viele so empfinden. „Ob die Wirtschaft das genauso sieht, weiß ich allerdings nicht.“

Trotz aller Kritik an der Exzellenzinitiative denken an der FU auch manche Studierenden, dass ihnen die Verbesserungen für die Forschung durchaus im Studium zugute kommen können. Alesya Raskuratova, 24, studiert im weiterführenden Masterbereich Anglistik. Zwar merke sie im Alltag nicht immer, dass sie an einer Eliteuni studiere. „Aber ich finde trotzdem, dass es einen Unterschied macht.“ Durch die Exzellenzförderung gebe es mehr Professoren: „Das merkt man, weil das Angebot an Vorlesungen viel größer ist.“ Gerade im Vergleich zu Osnabrück, wo sie bis 2009 studiert habe, sei das Angebot viel besser. Die Ausstattung mit Bibliotheken und Datenbanken an der FU findet sie „fantastisch“, auch sei der Service an der FU besser als etwa an der HU oder an der Uni Potsdam. Der Physik-Doktorand Francis Wilken findet, dass Studenten zumindest „indirekt“ etwas von der Exzellenz mitbekommen: „Der gute Ruf führt dazu, dass sich bessere Professoren bewerben, es gab gute Zugänge, da spielt der Elite-Status für viele eine Rolle.“ Allerdings müsse die Uni mehr Spezial- und Schwerpunktvorlesungen anbieten.

Unter den Studenten, die vor dem Grimm-Zentrum, der großen Bibliothek der Humboldt-Universität, in Mitte stehen, ist die Meinung gespalten. Ein Amerikanistik-Student der HU setzt große Hoffnungen auf die Eliteauszeichnung. Er besucht auch Kurse an der FU: „Von den Kopierern bis zur Internetseite hat man dort das Gefühl, der Universität geht es finanziell besser. Natürlich hoffe ich, dass sich jetzt auch hier an der HU etwas tut.“ Noch lerne er zum Beispiel in einem Gebäude, „in dem es bis heute keine funktionierende Internetverbindung gibt.“

Auch die 24-jährige Kulturwissenschaftlerin Christina Damm findet den Erfolg ihrer Universität „im Prinzip gut“. Ihr Institut war mit einem Exzellenzprojekt erfolgreich. Nun hofft sie, dass auch die Studierenden daran beteiligt werden: etwa durch praktische Forschungsprojekte oder mit neuen Lehraufträgen. „Jeder sollte die Möglichkeit haben, sich in die Forschungsprojekte einbringen zu können.“

Manche Studierende vor dem Grimm-Zentrum lehnen die Exzellenzinitiative dagegen rundweg ab. So wie ein Polonistik-Student, der bezweifelt, dass von der Spitzenforschung überhaupt ein Großteil der Bevölkerung profitiert. Das Geld solle man daher besser in andere Bereiche investieren. Oder wie ein 23-jähriger Soziologie-Student sagt: „Ich tue mich mit dem Begriff ,Exzellenz‘ und der damit verbundenen Elite-Konnotation sehr schwer“. In seinen Augen würden Projekte unterstützt, die ohnehin gut laufen. „Das kann ich nicht verstehen.“ Er fordert Investitionen in die Breite. Die Veranstaltungen des sozialwissenschaftlichen Instituts seien stark überlaufen, oft kriege man gar keinen Platz mehr. Mittlerweile studiere er nach dem Motto: „Ich nehme mit, was ich mitnehmen kann. Denn ändern wird sich sowieso nichts.“

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