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Grüner wohnen. Das Märkische Viertel galt bisher als Energieschleuder. Jetzt wird es saniert – und das so vorbildlich, dass die IHK dafür einen Preis verleiht.

© Kai-Uwe Heinrich

Energiesparen mit dem Senat: Klimaschutz in Berlin - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren entwickelte Berlin neue Aktivitäten für mehr Klimaschutz. Private Partner sollten die Landesgebäude umfassend sanieren. Zugleich strich der Bund die Förderung. Was Stefan Jacobs damals darüber schrieb.

Berlin entwickelt neue Aktivitäten für mehr Klimaschutz – und schaut zugleich entsetzt auf die Bundespolitik. Das wurde zu Beginn der 11. Berliner Energietage deutlich, die als Fachmesse mit rund 6000 Teilnehmern und knapp 50 Veranstaltungen von Montag bis Mittwoch im Haus der IHK stattfinden.

Am Rande der Tagung kündigte Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) weitreichende Öko-Regeln für die Verwaltung an. Änderungen im Berliner Vergabegesetz sollen sicherstellen, dass das Land künftig konsequent umweltfreundlich einkauft – vom Büromaterial über Bauleistungen bis zum Fuhrpark. Zudem soll das Berliner Vorzeigeprojekt der Energiesparpartnerschaften, kurz ESP, aufgemöbelt werden: Die Weiterentwicklung heißt „ESP plus“ und basiert auf einer seit den 90er Jahren für rund 1600 Gebäude praktizierten Idee: Das Land sucht sich für seine Liegenschaften einen privaten Dienstleister, der die Technik modernisiert. Die notwendige Investition wird durch die erzielte Energieeinsparung refinanziert. Von dieser Einsparung profitiert anteilig das Land. Diese Konstruktion umgeht nicht nur das Problem der leeren Landeskasse, sondern hat auch den Vorteil, dass die Einsparung durch den Dienstleister garantiert wird.

Keine Hürden fürs lokale Handwerk

Bisher konzentrierten sich die Partnerschaften auf die Sanierung von Heizung, Lüftung und Beleuchtung. Künftig sollen auch größere Investitionen wie Fassadendämmung nach diesem Modell gestemmt werden. Vermittelt werden die Geschäfte von der Berliner Energieagentur (BEA), an der neben dem Land und der KfW-Bankengruppe auch Vattenfall und die Gasag beteiligt sind. Dann könnte die Einsparung von bisher rund 25 Prozent nach Berechnungen der BEA auf 40 Prozent steigen. Das Konzept liegt in der Schublade, aber BEA-Geschäftsführer Michael Geißler sieht noch Klärungsbedarf: Einerseits müssten die Projektpartner so solide sein, dass sie auch nach 20 bis 30 Jahren – der Amortisationsdauer einer aufwendigen Dämmung – noch existierten. Andererseits dürfe man auch nicht das lokale Handwerk durch zu hohe Hürden von den lukrativen Aufträgen fernhalten.

Der Berliner Mittelstand wird aus Sicht von Geißler ohnehin durch die Politik von Schwarz-Gelb schwer getroffen: Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte Ende April wegen der dramatischen Finanzlage rund 115 Millionen Euro Fördermittel gesperrt, die für effiziente Minikraftwerke vorgesehen waren. Geißler sagte, dass die Förderung Investitionen in achtfacher Höhe nach sich gezogen habe. Auf Basis des Förderbudgets von 20 Millionen Euro für sogenannte Mikro-KWK-Anlagen seien sogar 250 Millionen Euro, also gut das Zwölffache, investiert worden, sagte Geißler. Die Sperre sei „fatal“ und „kompletter Nonsens“, weil das Fördergeld allein schon durch die zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen doppelt wieder hereingekommen wäre. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) konnte bisher nicht durchsetzen, dass das Fördergeld entsperrt wird.

„Das bedeutet, jeder muss alles machen“

Wie dringend das Fördergeld gebraucht wird, wurde am Montag im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses deutlich: Dort wurde über einen Antrag der Grünen beraten, mit dem Berlin ein langfristiges Klimaschutzziel verordnet werden soll – nämlich: minus 95 Prozent Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050. Bisher sind (gegenüber dem Referenzjahr 1990) rund 30 Prozent geschafft. Der in den Ausschuss geladene IHK-Energieexperte Henrik Vagt sagte: „Es gibt aus Sicht der Wirtschaft keinen Grund, warum wir die 95 Prozent nicht schaffen können.“ Ein ambitioniertes Klimaziel könne auch die Entwicklung grüner Wirtschaftszweige vorantreiben – vorausgesetzt allerdings, dass die Politik die richtigen Maßnahmen ergreife und die notwendigen Investitionen fördere. Die Klimaexpertin Regine Günther von der Umweltorganisation WWF beschrieb die 95 Prozent so: „Das bedeutet, jeder muss alles machen“ – von einer Citymaut für Autos über die bestmögliche Dämmung aller Gebäude bis zu Biosprit für Flugzeuge.

Zwar nicht alles, aber zumindest einiges haben diejenigen bereits getan, die am Montagabend von der IHK als „Klimaschutzpartner“ ausgezeichnet werden sollten: Als erfolgreiches Projekt wurde der Öko-Neubau eines Rewe-Marktes in Rudow ausgewählt. Der Preis für innovative Planungen ging an die Gesobau und das Fernheizwerk Märkisches Viertel für die Sanierung des Wohnhauses „Langer Jammer“. Dank der neuen Technik werde für die Heizung des Hochhauses nur noch halb so viel Kohlendioxid in die Luft geblasen wie zuvor. Als vorbildliche öffentliche Einrichtung wurde ein praktisch klimaneutraler Neubau des Umweltbundesamtes in Marienfelde auserwählt.

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren".

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