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Berlin: Engagement mit Folgen

RBB legt Material gegen geschassten Moderator vor. Lerch fühlt sich bestraft, weil er für Kollegen eintrat

Die Absetzung des Fernsehmoderators Jan Lerch vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ist eine Folge seines streitbaren Eintretens für die Interessen freier RBB-Mitarbeiter. Das geht aus einer Einlassung der RBB-Leitung hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Bislang hatte der RBB stets erklärt, das Aus für den „Abendschau“-Moderator stehe nicht in Zusammenhang mit seinem Engagement als Mitarbeiter-Vertreter.

Lerch hatte sich vorübergehend bei der Mitarbeiter-Vertretung „RBB Pro“ engagiert und ist gewählter Vertreter der freien Mitarbeiter im RBB-Redakteursausschuss. In einem Schreiben von RBB-Intendantin Dagmar Reim an das Landgericht führt die Senderleitung erstmals die Gründe aus, weshalb der Moderator ab Januar nicht mehr weiterbeschäftigt wird. Sie beziehen sich alle auf das tatsächliche und vermeintliche Engagement Lerchs in der Interessenvertretung „RBB Pro“.

Lerchs Anwalt hatte am Donnerstag eine einstweilige Verfügung gegen den RBB zu erwirken versucht. In dieser sollte der Senderleitung untersagt werden, den Vorwurf zu wiederholen, Lerch habe seine Loyalitätspflicht verletzt. Daraufhin legte die RBB-Führung die Dokumente vor, um ihre vor einer Woche erhobene Behauptung zu untermauern, Lerch habe den RBB „in der Öffentlichkeit herabgesetzt“. Das Gericht verzichtete danach auf die Unterlassungsverfügung.

In dem Schreiben wird Lerch vorgehalten, er habe sich an Aktionen von „RBB Pro“ beteiligt, die seine Loyalitätspflicht gegenüber dem RBB verletzten. So soll er bei einer Rundfunkratssitzung im November die Ergebnisse einer Umfrage verteilt haben, bei der die Mitarbeitervertretung ein negatives Betriebsklima ermittelt hatte. Außerdem wird Lerch vorgeworfen, vergangene Woche auf einer Mitarbeiterversammlung an der Masurenallee gesprochen zu haben, zu der mit einer nach Ansicht der RBB-Leitung diskreditierenden Postkarte eingeladen wurde.

Lerch weist die Vorwürfe zurück: Er habe die Umfrage nicht verteilt, und auf der Versammlung habe er als gewählter Freienvertreter gesprochen. RBB-Sprecher Ulrich Anschütz wollte sich auf Anfrage zu der juristischen Auseinandersetzung nicht äußern. Lerch machte einen Teil der Vorwürfe gestern Abend auf einer spannungsgeladenen Betriebsversammlung öffentlich. An der nahm auch Verdi-Bundeschef Frank Bsirske teil. Der Gewerkschaftsvorsitzende kündigte an, in dem Konflikt vermitteln zu wollen.

Unterdessen wurde bekannt, dass Lerch ab dem 1. Januar 2005 voraussichtlich beim Auslandssender Deutsche Welle moderieren wird. „Ich habe schon seit längerem Gespräche mit Deutsche Welle TV geführt, um mir neben meiner RBB-Tätigkeit ein anderes Standbein aufzubauen, wie es viele freie Mitarbeiter machen“, sagte Lerch dem Tagesspiegel. Das habe aber nichts mit der aktuellen Auseinandersetzung zu tun, sondern sei lange geplant gewesen.

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