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Berlin: Englisch statt Französisch: Das Konsulat ist vor dem Chirac-Besuch wegen Planspiels der Schulverwaltung alarmiert

Ein Planspiel in der Senatsschulverwaltung bringt Berlins Französischlehrer samt anderen frankophilen Stadtbewohnern in Rage: Das Fach Englisch soll möglicherweise auf Kosten der anderen großen Sprache weiter aufgewertet werden. Insbesondere wird diskutiert, in Klasse 3 und 4 auf Französisch zu verzichten und nur noch Früh-Englisch anzubieten.

Ein Planspiel in der Senatsschulverwaltung bringt Berlins Französischlehrer samt anderen frankophilen Stadtbewohnern in Rage: Das Fach Englisch soll möglicherweise auf Kosten der anderen großen Sprache weiter aufgewertet werden. Insbesondere wird diskutiert, in Klasse 3 und 4 auf Französisch zu verzichten und nur noch Früh-Englisch anzubieten. Im französischen Konsulat ist man alarmiert, will aber "einen diplomatischen Krach" angesichts des bevorstehenden Staatsbesuchs des französischen Staatspräsident Jacques Chirac vermeiden.

"Es würde deutlich schwerer für Schulen, die ab Klasse 5 mit Französisch als erster Fremdsprache beginnen", prognostiziert eine Mitarbeiterin im Maison de France, die sich im übrigen nicht vorstellen kann, dass es derartige Pläne gibt, "die mit der deutsch-französischen Freundschaft kollidieren würden". Sobald Chirac abgereist sei, werde man mit Schulsenator Klaus Böger (SPD) "ein Gespräch führen". Die Senatsschulverwaltung betont, dass noch nichts entschieden sei und man sowieso "eine Menge für das Französische getan habe" - etwa durch die bilingualen Angebote am Rückert- und Romain-Rolland-Gymnasium. Im übrigen meint Landesschulrat Hansjürgen Pokall, es habe "überhaupt keine Konsequenzen, wenn an der einen oder anderen Grundschule Französisch als erste Fremdsprache nicht mehr zustande kommt".

Dies wird frankophile Seelen wenig trösten. Seit Jahren müssen sie mit ansehen, dass das Französische an Boden verliert. Nur noch 3,4 Prozent der Fünft- und Sechstklässler an Berliner Grundschulen wählen die Sprache des westlichen Nachbarn als erste Fremdsprache, obwohl immerhin 102 Grundschulen die Möglichkeit böten. Ähnlich sieht es in den dritten Klassen aus: Unter den 279 Grundschulen, die den fremdsprachlichen Frühbeginn im Programm haben, bieten nur 39 die Sprache Voltaires. Aber auch dies funktionierte oftmals nur dank des sogenannten Spandauer Modells, das darin besteht, die Schüler mit beiden Sprachen zu konfrontieren: je zwei halbe Stunden wird Französisch und Englisch parliert, gesungen, gespielt.

Was einst von der Spandauer Windmühlenberg-Grundschule erdacht wurde, haben inzwischen andere Bezirke übernommen, aus den Schulen kommen begeisterte Rückmeldungen. Dennoch befürchtet Landesschulrat Pokall, das Modell sei eher eine "Spielerei", bei der "keine der beiden Sprachen richtig gelernt wird". Schulsenator Klaus Böger wolle aber, dass das Englische eine Art "Grundprinzip" werde, eine Basiskompetenz, die zur Schule dazu gehöre wie Rechnen und Schreiben.

Dies entspricht der Linie in vielen anderen Bundesländern. So wollen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ab Klasse 3 flächendeckend mit Englisch beginnen, Französisch haben am ehesten "Grenzländer" wie das Saarland im Programm. Bögers Referentin Angelika Knubbertz betont, dass man sich zurzeit von Fachdidaktikern und Pädagogen beraten lasse, um "den besten Weg zu finden". Im Übrigen könne man Früh-Französisch auch "in Form von Arbeitsgemeinschaften" freiwillig weiterlaufen lassen.

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