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Entscheidung am Sonntag: Streit ums Wasser kocht hoch

Vor dem Volksentscheid kämpfen die Initiatoren um Aufmerksamkeit, um genug Bürger zur Abstimmung zu bewegen. Politiker und die Wasserbetriebe reagieren nach wie vor ablehnend, Senator Wolf will nicht abstimmen.

Vor dem Volksentscheid am Sonntag fahren die Beteiligten die Ellenbogen aus. Am Donnerstag erhob die Initiative „Berliner Wassertisch“ schwere Vorwürfe gegen Senat und Opposition. Zudem haben sich die Berliner Wasserbetriebe (BWB) inzwischen selbst in die Debatte eingeschaltet, in der sie über Monate nur das Objekt der Diskussion waren.

Auf den Plan gerufen wurden die Wasserbetriebe durch eine Liste von rund 140 Fragen, mit denen die Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand“ auf angebliche Misstände bei den teilprivatisierten BWB hinweisen will. Die Initiative arbeitet mit dem „Wassertisch“ zusammen. Unter der Adresse „www.wollt-ihr-wissen.de“ werden passend formulierte Anschlussfragen formuliert wie: „… warum euer Keller immer feuchter wird?, „… warum man in der Spree nicht baden sollte?“ und „… ob auch Babys ohne Schaden zu nehmen unser Trinkwasser trinken können?“

Die Wasserbetriebe reagierten, indem sie die gleiche Internetadresse mit anderen Endungen (.net/.com/.eu/.info) aufkauften und dort die meisten Fragen aus ihrer Sicht beantworten. Die feuchten Keller werden mit ungewöhnlich regenreichem Wetter begründet, das Badeverbot in der Spree mit den Dampfern und die Baby-Sicherheit mit Verweis auf Spitzenergebnisse des Berliner Wassers bei der Stiftung Warentest. „Wir wollen und müssen hier ein paar Dinge klarstellen“, schreiben die Wasserbetriebe: Durch die Art der Fragen würden die BWB diskreditiert. In vielen Punkten würden „Unterstellungen mitschwingen“, die „die Grenze zur Lüge streifen“, aber wegen der Frageform rechtlich unangreifbar seien. Carl Waßmuth von der „Gemeingut“-Initiative sieht die eigene Aktion durch die Reaktion der Wasserbetriebe geadelt.

Der „Wassertisch“ kämpft um Aufmerksamkeit, um das Quorum am Sonntag doch noch zu schaffen. Am Donnerstag präsentierte die Initiative „fünf gute Gründe, für den Volksentscheid zu stimmen“. So sei „die Vehemenz“ verdächtig, mit der die Politik die eigentlich unspektakuläre Forderung nach Offenlegung von Dokumenten bekämpfe. Noch suspekter sei die massive politische Kritik an der „Unwirksamkeitsklausel“ in dem Gesetzentwurf, den die Initiative zur Abstimmung stellt. Diese Klausel besagt, dass nicht veröffentlichte Dokumente rückwirkend ungültig werden. Sollten tatsächlich alle relevanten Unterlagen rund um die Teilprivatisierung der BWB schon bekannt sein, wäre dieser Passus ohnehin irrelevant, argumentiert die Initiative.

Dagegen begründen die Parteien ihre Ablehnung des Entscheids vor allem damit, dass sie diese rückwirkende Regelung für verfassungswidrig halten. Der „Wassertisch“ dagegen verlangt, diese Frage allein dem Verfassungsgericht zu überlassen – und verweist auf eigene Informationen, wonach es durchaus noch unveröffentlichte Nebenabreden gebe. Außerdem deutet er die Vermutung an, dass die Wasserbetriebe aufgegebene Liegenschaften und Schutzgebiete zu Geld machen könnten, das dann den privaten Investoren RWE und Veolia zugute komme.

Die Grenze zwischen Wahrheit und Verschwörungstheorie ist dabei inzwischen nur noch schwer auszumachen. Der „Wassertisch“ erhofft sich von dem Entscheid neue Unterlagen, die sich dann juristisch anfechten lassen. Es sei „skandalös“, dass zwar alle Parteien die Teilprivatisierung von 1999 für missglückt erklärten, aber keine Fraktion die Aufarbeitung unterstütze, erklärte „Wassertisch“- Sprecher Thomas Rudek auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Verbraucherzentrale und dem Mieterbund.

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Wasserbetriebe, Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke), will am Sonntag nicht abstimmen gehen: Schließlich seien die Verträge bereits öffentlich. Ihm komme es jetzt darauf an, den RWE-Anteil zurückzukaufen und die Vereinbarungen mit Veolia nachzuverhandeln, um den Anstieg der Wassertarife zu bremsen.

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