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Berlin: Entspannte Parkplatzsuche

Die neue Gebührenregelung in Prenzlauer Berg rechnet sich – für den Bezirk, aber auch für Anwohner

Die Zahlen beeindrucken: Rund 524 000 Euro hat der Bezirk Pankow im ersten Monat der Parkraumbewirtschaftung in Prenzlauer Berg aus dieser Quelle eingenommen – 351 000 davon über das Ausstellen von 17 400 Bewohnerparkausweisen und 380 Gästevignetten, knapp 173 000 Euro über Kurzzeitparkausweise an den 451 neuen Parkautomaten. Die 43 442 Strafzettel, die Mitarbeiter des Ordnungsamtes im Monat Oktober ausstellten und von denen sich gut 27 000 auf das Parken ohne Parkschein beziehen, sind noch gar nicht eingerechnet, die Bußgelder kommen allein der Landeskasse zugute. Für Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner von den Grünen ist der finanzielle Erfolg, der im Moment noch von Investitionskosten in Höhe von 1,2 Millionen Euro und längerfristig von gestiegenen Personalausgaben für 96 zusätzliche Mitarbeiter ausgeglichen wird, allerdings zweitrangig: „Die Bewirtschaftung tut vor allem den Anwohnern gut!“

Was Kirchner meint, lässt sich derzeit in den betroffenen Kiezen im Prenzlauer Berg beobachten: Selbst an „Hot-Spots“ wie dem Helmholtzplatz gibt es nun zu jeder Tages- und Nachtzeit ausreichend Parkflächen für Vignettenbesitzer und zahlungswillige Besucher. Dafür wird der Parkraum an den Rändern der Bewirtschaftungszone – etwa nördlich des S-Bahn-Rings oder im südlich gelegenen Bötzowviertel knapp. Die Folge laut Kirchner: „stapelweise Beschwerden“ von Anwohnern der nichtbewirtschafteten Zonen mit der Bitte, das gebührenpflichtige Gebiet weiter auszudehnen. Verschwindend gering sei dagegen die Zahl der Beschwerden aus den derzeit bewirtschafteten Gebieten zwischen Brunnen- und Greifswalder Straße.

Für einige Gewerbetreibende im Bereich und ihre Angestellten bleibt das Parksystem indes ein Ärgernis: „Ich find’ das so gut, dass ich gleich mal Beschwerde eingelegt habe“, sagt Stephanie Wesolowski vom Minibaumarkt „Workshop“ an der Prenzlauer Allee mit ironischem Unterton. Der Grund: Für den gesamten Betrieb mit sechs Mitarbeitern sei nur eine Vignette bewilligt worden, für Wesolowski, die mit ihrem Auto täglich von Marzahn pendelt und es dann vor Ort auch dienstlich nutzt, eine „Schweinerei“: „Ich hab’ Ware, ich hab’ Kunden, ich muss flexibel sein.“ Auch Yvonne Klehr vom Veranstaltungsmanagement der Kulturbrauerei an der Schönhauser Allee ist genervt: Weil die Vergabe der Gewerbevignetten derart restriktiv gehandhabt werde, müssten sich teilweise mehrere Mitarbeiter eine Vignette teilen: „Das führt manchmal zu sehr unschönen Szenen.“

Stadtrat Kirchner lässt das alles kalt: „Wenn ein Betrieb für die Privat-Kfz seiner Mitarbeiter Vignetten beantragt, kriegt er die natürlich nicht.“ Schließlich gehe es bei der Parkraumbewirtschaftung auch darum, den Arbeitnehmern im Bezirk ein Umsteigen auf Bus und Bahn nahezulegen – allein Härtefälle wie Mitarbeiter der Gastronomie, die tief in der Nacht nur mit dem Auto nach Hause kommen, sollten davon ausgenommen sein. Das Problem sieht Kirchner, der die Bewirtschaftung „sehr gern“ auf benachbarte Viertel ausweiten möchte, vielmehr bei den befristeten Vignetten für Besucher von Anwohnern. Die müssen Gastgeber derzeit vier Wochen im Voraus unter Vorlage von Personalausweiskopien aller Beteiligten beim Bezirksamt beantragen – so will es eine Senatsverordnung. „Berlin behandelt seine Besucher wie Verbrecher – das ist der eigentliche Skandal.“ Ein weiterer Aufreger für Kirchner: Der Parkscheinautomatenhersteller „Parkeon“ stellte den letzten Automaten erst am 29. Oktober auf – mit 29 Tagen Verspätung. Für die entfallenen Einnahmen möchte der Bezirk Schadensersatz von bis zu 300 000 Euro einfordern.

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