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Berlin: „Er kam näher – bis die Waffe vor seiner Nase war“

Polizist Hans F. soll einem Unfallzeugen die Pistole an den Kopf gehalten und abgedrückt haben. Das Verfahren wurde eingestellt

Die vergangenen Monate haben an ihm gezerrt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen Polizeikommissar Hans F. Und er konnte nichts tun – nur abwarten. Im vergangenen Jahr soll er am Hackeschen Markt einem 27-Jährigen eine Pistole an den Kopf gehalten und seine Kollegin bedroht haben. Jetzt wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt. Dies bestätigte Justizsprecher Michael Grunwald dem Tagesspiegel. „Der Tatvorwurf konnte nicht bewiesen werden.“

Doch für den Polizeibeamten ist die Sache damit noch nicht aus der Welt. Die Gegenpartei habe Rechtsbeschwerde eingelegt. „Jetzt muss ich wieder hoffen und weitere Monate abwarten, wie die nächst höhere Instanz entscheidet“, sagt der 39-Jährige. Hans F. war, wie berichtet, mit seiner Kollegin am Abend des 30. Juli zur Aufnahme eines Bagatellunfalls an den Hackeschen Markt gerufen worden. Eine Mercedes-Cabrio-Fahrerin hatte einen Radler angefahren. Dann mischte sich der Ehemann der Autofahrerin ein – nach Tagesspiegel-Informationen ein „Typ wie Mike Tyson im XXL-Format“. Jallal H. (27) geriet mit dem Polizeikommissar aneinander – und erstattete Anzeige. Sein Vorwurf: Hans F. habe ihm seine nicht durchgeladene Dienstpistole an den Kopf gehalten und abgedrückt. Auch seine Kollegin habe er danach mit der Waffe bedroht.

„Die Ermittlungen haben ergeben, dass der Polizist dem Mann weder vorsätzlich die Waffe an den Kopf gehalten noch abgedrückt hat“, bestätigte Grunwald. Dies hätten Zeugen des Unfalls bestätigt. Zudem habe ein Waffenexperte nachgewiesen, dass es technisch gar nicht möglich war, so zu handeln, wie es Jallal H. in seiner Anzeige beschrieben hat. Er behauptete, Hans F. habe seine Waffe vorher entsichert. „Das ist aber bei dieser Waffe gar nicht vorgesehen“, sagte Grunwald.

Hans F. schildert die Szene am Hackeschen Markt so: „Der Mann hat mich immer weiter bedrängt, obwohl ich ihn mehrfach gebeten hatte, sich zu beruhigen, damit ich meine Arbeit machen kann.“ Als Jallal H. ihn fast auf die Straße abgedrängt habe, sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als die Waffe zu ziehen. „Selbst da hat er nicht nachgelassen und kam immer näher – bis die Waffe direkt vor seiner Nase war“, erzählt der Polizist. Erst ein Freund habe den wütenden Jallal H. wegzerren können. „Ich mache Sie fertig“, habe H. ihm noch zugerufen.

Doch es war nicht nur die Anzeige mit den Vorwürfen, die Hans F. das Leben schwer machten. Plötzlich wurde auch wieder der schreckliche Schlossbrücken-Unfall vor elf Jahren an die Oberfläche gezerrt. Damals, im März 1993, hatte Hans F. als Beifahrer in jenem Funkwagen gesessen, der während einer Einsatzfahrt auf der Schlossbrücke in Mitte gegen einen Betonpfeiler geprallt und das Geschwisterpaar Rosa (6) und Carl (4) Sch. mit in den Tod gerissen hatte.

Nach dem Vorfall am Hackeschen Markt hatte eine Zeitung spekuliert, dass Hans F. möglicherweise in eine „posttraumatische Belastungssituation“ geraten sei. „Ich selbst war mir eigentlich sicher, dass mit mir alles in Ordnung ist“, sagt F. Aber dann habe er plötzlich selbst Zweifel bekommen und sich in Frage gestellt. Deswegen sei es ihm wichtig gewesen, dass gleich zwei Psychologen Gutachten erstellt haben. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Hans F., nicht unter einem Trauma leidet. Nachdem er für einige Zeit in den Innendienst versetzt worden war, durfte er bereits im Herbst vergangenen Jahres wieder Streife fahren.

Doch der Zwischenfall am Hackeschen Markt hat bei Hans F. Spuren hinterlassen, der Streifendienst sei immer noch belastend. „Was ist, wenn mir wieder eine ähnliche Situation widerfährt?“ Es scheint, als stehe Hans F. seit dieser Anzeige noch immer mit einem Bein am Abgrund.

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