zum Hauptinhalt

Berlin: Erfindungen: Tausendundeine Idee, aber kein Patent

Kaum ein freier Winkel - nirgendwo. Peter Lardongs Dreizimmer-Wohnung ist vom Fußboden bis zur Decke vollgestopft mit irgendwelchen Trödelmarkt-Gegenständen, Schrott, Werkzeug, kleinen Figürchen aus Porzellan und Bildern an den Wänden.

Kaum ein freier Winkel - nirgendwo. Peter Lardongs Dreizimmer-Wohnung ist vom Fußboden bis zur Decke vollgestopft mit irgendwelchen Trödelmarkt-Gegenständen, Schrott, Werkzeug, kleinen Figürchen aus Porzellan und Bildern an den Wänden. Fremden würde für diese Art von Behausung sicher das Wort "Müllhalde" in den Sinn kommen, doch der 55-jährige Hobby-Tüftler sieht das anders. "Das sind alles Dinge, die mein Bastlerherz so braucht", erklärt der Neuköllner. Nach seiner Lehre als Handformer war er jahrelang bei einer Brauerei tätig. Nun ist er arbeitslos und nutzt seine freie Zeit zum Tüfteln und zum Umsetzten von Ideen für Erfindungen, "die kein Schwein braucht", wie er selbst zugibt.

Kaum hat man seine Wohnung betreten, ertönt automatisch Musikgedudel aus einem Radiowecker. "Das habe ich extra so geschaltet, damit ich immer hören kann, ob jemand einbrechen will." Auch sein Flur ist mit einem eigens konstruierten Bewegungsmelder ausgestattet. "Es ist 11 Uhr und 15 Minuten. Die Temperatur beträgt 24 Grad", knistert dann eine Stimme aus dem umfunktionierten Anrufbeantworter. Diese Konstruktion hat er erfunden, um stets Bescheid zu wissen, wenn seine Katze durch den Flur schleicht. Die Idee kam ihm, als er das Tier eines Tages wie verrückt gesucht hat. Der Mini-Tiger hatte sich aber, ohne dass er es bemerkte, im Kühlschrank verkrümelt. "So etwas passiert jetzt nicht mehr", verkündet er stolz.

Lardongs Küche gleicht einer mit Krimskrams, Schrauben, Dübeln und Magneten zugestellten Werkstatt. Hier hält er sich die meiste Zeit des Tages auf und brütet über seinen Ideen. Außen am Fenster ist ein akustischer Regenmelder angebracht, damit der Tüftler immer weiss, wann es regnet und er blitzschnell die Fenster schließen kann. Täglich um 15 Uhr erhält seine Katze ihr Trockenfutter aus einem Futter-Automaten. Ein gellender Pfeifton kündigt an, wann wieder Zeit zum Mampfen ist.

Stolz präsentiert Lardong eine seiner kuriosesten Erfindungen: der singende Eiswürfel. Auf einen Mini-Plattenspieler, der in einen Karteikasten eingebaut ist, legt er einen vorgeformten Eiswürfel. Zunächst ertönt nur irgendwelches Gekratze, bei genauerem Hinhören ist dann aber wahlweise "Oh du lieber Augustin", oder "Summ, summ, summ, Bienchen, summ herum" herauszuhören. Damit ist er Anfang der Achtziger Jahre schon bei Gottschalks Sendung "Na Sowas" aufgetreten, "allerdings ging es da um gefrorenes Bier", ergänzt er.

Einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde 1987 und einen gewissen Bekanntheitsgrad bescherte ihm aber die Erfindung der Schokoladen-Schallplatte. Diese Platte - aus echter Schokolade gepresst - kann auf jedem herkömmlichen Abspielgerät benutzt werden. Das Besondere an der Erfindung: Nur er habe das "Geheimrezept", das man braucht, um die Schokolade fachgerecht einzuschmelzen. Eine Schokoladenfirma wollte ihm damals 50 000 Mark bieten. "Das war mir aber zu wenig", sagt er, "so habe ich exklusiv für drei verschiedene Firmen die Schoko-Platten hergestellt. Die waren dann einige Jahre in größeren Kaufhäusern für etwa 20 Mark zu kaufen". Die Wand im Flur ziert noch ein Foto, auf dem Lardong zusammen mit Dieter Thomas Heck, der gerade in die Schoko-Platte beisst, in einem Tonstudio sitzt.

Im Wohnzimmer sticht ein künstlicher Kamin, vor dem ein Leopardenfell mit Kopf ausgebreitet ist, ins Auge. Auf einem Holztisch hat Lardong einige seiner kleineren Erfindungen aufgereiht. Eine Zigarettenschachtel mit integriertem Aschenbecher, einen Mikro-Plattenspieler, einen Geldscheinleser, eine leuchtende Fernbedienung mit Magneten und vieles mehr. Selbst das Badezimmer ist nicht von seinen Erfindungen verschont geblieben. So warnt die "sprechende" Klopapier-Rolle: "Achtung, es sind nur noch 20 Blatt auf der Rolle."

Den großen Durchbruch mit seinen Erfindungen erwartet er nicht mehr. "Damit zum Patentamt laufen, kostet nur Geld, und die Industrie ist sowieso nicht interessiert", weiss er. Auch wolle er sich nicht von irgendwelchen Erfinder-Vereinen "auslutschen" lassen, die einem dann nur leere Versprechungen machten. Er ist froh, wenn er seine Erfindungen für sich umsetzen kann und "was zum Fummeln hat". Teilweise nutzten sie ihm auch im Alltag, wie beispielsweise der "Zauberring". Wenn Lardong - wie jedes Wochenende - über Trödelmärkte schleicht, hat er stets diesen Ring mit einem eingebaute Magneten auf dem Finger. So könne er ganz unauffällig, "sozusagen im Vorbeigehen", testen, ob ihm jemand wirkliches Messing anbietet, oder nur irgendein legiertes Metall. "Mir kann keiner was vormachen", betont er.

Ein weiteres Hobby hat Lardong nicht. Doch, halt: "Saufen, ohne zu kotzen." Soso.

Zur Startseite