zum Hauptinhalt

Erfolgreich: Pankow will die Ekelliste verlängern

Der Bezirk veröffentlicht nach Ostern weitere Mängel in Läden und Restaurants. Ein Restaurantbetreiber, der gegen die Liste geklagt hatte, hat unterdessen seine Klage zurückgezogen. Der Hotel- und Gaststättenverband meint jedoch, die Liste zeige nur die Versäumnisse des Bezirkes.

Den Berlinern wird der Appetit bald erneut vergehen – dann, wenn sie sich die „Ekelliste“ aus Pankow anschauen. Nach Ostern wird die Negativliste der Gastronomiebetriebe und Einzelhandelsgeschäfte mit Hygienemängeln mit aktuellen Prüfergebnissen ergänzt – und voraussichtlich auch mit Links zu Fotos im Internet veröffentlicht. Unterdessen ist jetzt einer der Restaurantbetreiber, der einstweiligen Rechtsschutz angesichts der Mängel-Veröffentlichung beantragt hatte, vor dem Verwaltungsgericht gescheitert. Der Mann hat seine Klage gegen den Bezirk zurückgenommen, weil das Gericht ihm beschied, er werde keine Chance haben.

Der Bezirk Pankow, der sich – wie berichtet – bereit erklärt hat, den Modellversuch bis Jahresende für die Verbraucherschutzverwaltung des Senats fortzusetzen, zieht bislang eine positive Bilanz. „Unsere Internetseite hatte allein im März 120 000 Zugriffe, wir haben eine Debatte über Verbraucherschutz angestoßen“, sagt Jens-Holger Kirchner (Grüne), Stadtrat für Öffentliche Ordnung in Pankow. Bei einigen der zunächst 39 aufgeführten Lebensmittelläden, Bäckereien, Kneipen, Imbissbuden und Restaurants seien plötzlich Umbauten gemacht oder Lüftungen erneuert worden – „was wir zuvor monatelang mit Mahnungen und Bußgeldbescheiden vergeblich bewirken wollten“. Warum immer noch 30 Namen wegen verschmutzter Regale, Fliegenbefall oder etwa unzureichend gekühlter Ware auf der Liste stehen, konnte Kirchner nicht sagen. „Für die Nachkontrolle kommen unsere Leute innerhalb von fünf Werktagen vorbei.“

Künftig sollen die Veröffentlichungskriterien härter werden. So haben Kirchners Mitarbeiter kürzlich ein Restaurant vorübergehend geschlossen: „Das Toilettenbecken war vollkommen verdreckt, daneben lagerten offen Lebensmittel, der Koch hatte eine eitrige Verletzung mit durchnässtem Verband.“ Dieser vom Amt geschlossene Betrieb darf aber nicht auf der Liste erscheinen – weil der Betreiber erst innerhalb von vier Wochen angehört werden muss. Kirchner: „Da suchen wir aber gerade Mittel und Wege, die Daten sofort zu veröffentlichen.“ Und die Gründe dann auch außen an die Tür zu schreiben. „Das hat aber rechtlich seinen guten Grund, dass man niemanden vorverurteilt“, sagt dagegen Klaus-Dieter Richter, Vizepräsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. Er ist gegen die Ekelliste, „weil sie nichts anderes als ein Versäumnis des Bezirkes dokumentiert. Wenn es solche großen Mängel gibt, muss der Bezirk doch tätig werden und die Stätten schließen, statt sie nur zu veröffentlichen.“ Zudem wisse niemand, ob die teils vor fast einem Jahr festgestellten Missstände nicht schon längst beseitigt seien. Der Anteil der Mängelläden an allen in Pankow betrage gerade „0,1 Prozent“.

Auch die Pankower „Smiley“-Aufkleber für saubere Läden kritisiert Richter: „Man zeichnet ja auch keinen Autofahrer dafür aus, dass er bei Rot vor der Ampel hält.“ Mit allen Stadträten und der IHK wolle die Dehoga eine berlinweite Kennzeichnung für die Branche entwickeln.

Sieben der derzeit 30 Negativ-Adressen sind Einzelhandelsbetriebe. Nils Busch-Petersen von Handelsverband Berlin-Brandenburg sagte, keiner davon sei Verbandsmitglied. Er hält die „schnell veraltete Liste für unnötigen Aktionismus“. Spandaus Gesundheitstadtrat Martin Matz (SPD) warnt vor einer vorschnellen Ausdehnung des „unausgereiften“ Ekellisten-Modells: „Nicht jeder Bezirk hat so viele Kontrolleure wie Pankow.“

Die Ekelliste im Internet:

www.berlin.de/ba-pankow

Annette Kögel

Zur Startseite