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Berlin: Erfolgsaussichten einer Wasser-Klage wären kaum abzuschätzen

Sonderausschuss des Abgeordnetenhauses tagte zur umstrittenen Privatisierung und hörte Vertreter des „Berliner Wassertischs“.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Forderung des „Berliner Wassertischs“ ist einfach zu verstehen: Die Privatisierungsverträge mit den Investoren RWE und Veolia, die zu 49,9 Prozent an den Berliner Wasserbetrieben (BWB) beteiligt sind, sollen vor Gericht angefochten und rückabgewickelt werden. Das Ziel ist ebenfalls klar: niedrigere Wasserpreise in Berlin, und zwar auf Dauer.

Allerdings wurde am Freitag im Sonderausschuss „Wasserverträge“ des Abgeordnetenhauses deutlich, dass diese Forderung zwar populär, aber die Rechtslage so unübersichtlich und kompliziert ist, dass der Erfolg einer Klage vor dem Landesverfassungsgericht kaum einschätzbar ist. Der Linken-Abgeordnete Klaus Lederer erinnerte daran, dass das Verfassungsgericht erst 2010 die umstrittene Tarifkalkulation der Wasserbetriebe für rechtmäßig erklärte. Man könne aber natürlich fragen, ob die Richter in voller Kenntnis der ein Jahr später veröffentlichten Verträge, vor allem des Konsortialvertrags, anders entschieden hätten. „Wir brauchen rechtlich haltbare Argumente“, forderte Lederer. Und deshalb müsse der Sonderausschuss des Parlaments unabhängige Expertisen in Auftrag geben.

Der SPD-Umweltexperte Daniel Buchholz schloss sich der Meinung an, dass „diese Rechtsfragen ausführlich erörtert werden müssen“. Theoretisch möglich wären: eine Organklage, eine Verfassungsbeschwerde oder eine zivilrechtliche Auseinandersetzung des Senats mit den privaten Investoren. Aber die außerparlamentarischen Aktivisten sind sich nicht einig. Der Wassertisch strebt eine Normenkontrollklage an, die „Wasserbürger“ halten davon nichts, weil sich dieser Rechtsweg nur gegen Gesetze, aber nicht gegen die Privatisierungsverträge richten könne. Stattdessen fordert Thomas Rudek, der den erfolgreichen Volksentscheid zur Offenlegung des Vertragswerks initiierte und sich dann vom Wassertisch löste, eine Organklage.

Die frühere SPD-Abgeordnete Gerlinde Schermer ließ sich von alledem nicht beirren und legte im Ausschuss, der sie als Sprecherin des „Berliner Wassertischs“ anhörte, erst einmal Zahlen vor. Ihrer Berechnung nach ist der 1999 gezahlte Kaufpreis für die BWB-Anteile in Höhe von 1,7 Milliarden Euro über die Gewinnausschüttungen an die Miteigentümer RWE und Veolia bis Ende 2011 vollständig zurückgeflossen. Bis 2028, so lange gilt der Privatisierungsvertrag, kämen knapp zwei Milliarden hinzu. „Es wäre billiger gewesen, den Vertrag 2003 abzuwickeln, nachdem ihn das Landesverfassungsgericht für teilweise rechtswidrig erklärte“, sagte Schermer. Stattdessen habe sich der Senat damals für eine Vertragsänderung entschieden, die eine zu hohe Verzinsung auf Basis einer zu teuren Abschreibungsmethode vorsehe und zu den hohen Wasserpreisen geführt habe. Argumente, die den erfahrenen Abgeordneten im Ausschuss nicht neu vorkamen. Die vielen Zuschauer applaudierten, und der Vorsitzende Claudio Jupe (CDU) drohte damit, den Saal räumen zu lassen – das aber nur der Form halber. Ulrich Zawatka-Gerlach

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