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Berlin: Erinnerung an mutige Frauen

Vor 65 Jahren retteten sie ihre Männer vor den Nazis

Anlässlich der Ereignisse rund um die „Fabrik-Aktion“ vor 65 Jahren gibt es heute um 14 Uhr eine Erinnerungsveranstaltung am Gedenkstein in der Großen Hamburger Straße und anschließend ein gemeinsamer Gang zum Denkmal in der Rosenstraße. Hier erinnert nur noch das 1995 von Ingeborg Hunzinger geschaffene steinerne Skulpturenensemble an den Frauenprotest Ende Februar 1943. „Die Kraft des zivilen Ungehorsams und die Kraft der Liebe bezwingen die Gewalt der Diktatur“ liest man auf den Rückseiten der drei Steinblöcke, die an jener Stelle stehen, wo sich bis zu seiner Kriegszerstörung das Gebäude der Sozialverwaltung der Jüdischen Gemeinde befand.

Am 27. und 28. Februar 1943 wurden in ganz Deutschland zur Zwangsarbeit verpflichtete Jüdinnen und Juden aus Fabriken geholt, aus Wohnungen einbestellt oder von der Straße weg verhaftet. Berlin sollte „judenrein“ werden. Das Jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße war von den Nazis zur Sammelstelle umfunktioniert worden, auch von hier wurden Gefangene in Konzentrations- und Todeslager deportiert. Die jüdische Bevölkerung Berlins zählte damals noch etwa 35 000 Menschen, von denen etwa 17 000 Sklavenarbeit leisten mussten. Der Aktion sollen nach Angaben der Jüdischen Gemeinde rund 4000 Juden entkommen sein. Sie versteckten sich (oder wurden versteckt), manche schlossen sich dem Widerstand an. Andere wurden gefasst und deportiert.

In der Rosenstraße geschah damals etwas Unvorstellbares: Hier versammelten sich hunderte von couragierten nicht-jüdischen Ehefrauen, um vor dem als Gefängnis genutzten Verwaltungsgebäude für die Freilassung ihrer Männer zu protestieren. Am 6. März gab Goebbels den Befehl, alle in der Rosenstraße inhaftierten Juden aus „Mischehen“ freizulassen. Die Festnahmen werden als „Versehen und Übergriff der Berliner Gestapo“ erklärt, Goebbels notiert in seinem Tagebuch: „Es haben sich da leider etwas unliebsame Szenen vor einem jüdischen Altersheim abgespielt, wo die Bevölkerung sich in großer Menge ansammelte und zum Teil sogar für die Juden etwas Partei ergriff.“ Über die Ereignisse drehte Margarethe von Trotta vor fünf Jahren ihren Spielfilm „Rosenstraße“.

Heute nachmittag sprechen in der Großen Hamburger Straße Rabbiner Ehrenberg und Kantor Sheffer Gebete, am Denkmal in der Rosenstraße gedenken anschließend die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Lala Süsskind, Mario Offenberg für Adass Jisroel und Mittes Bürgermeister Christian Hanke. Lo.

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