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In Berlin hat am Montag die Schule wieder begonnen.

© Soeren Stache/dpa

Erleichterung über den Schulbeginn: Sie sind weg! Endlich Ruhe im Haus!

Was die Kinder an Stress zu wenig hatten, hatten Eltern im Übermaß. Unsere Autorin freut sich, dass mit dem Schulbeginn wieder Alltag einkehrt. Eine Glosse.

Von Fatina Keilani

Da gehen sie hin. Ein letztes Winken, sie biegen um die Straßenecke, hurraaaaaaa! Sie sind weg! Die Rede ist natürlich von den Kindern. Sie sind auf dem Weg in die Schule, endlich. Die gefühlt längsten Ferien der Geschichte sind zu Ende. Hoffentlich geht es lange gut. Diese herrliche Stille!

Endlich wieder Struktur im Leben der Kinder, endlich lernen sie wieder was, endlich schlafen sie nicht mehr bis 14 Uhr und zocken nicht mehr bis 2 Uhr morgens, endlich können sie die Freunde wiedersehen – das kann doch nur gut sein? Von den Kids ein klares Nö. Denen reicht Tiktok als Input, und was dort als Nachricht ausgegeben wird, halten sie für wahr. Zum Verzweifeln.

Während ich also, genau wie die halbe Redaktion, zum Zweck nachrichtlicher Berichterstattung im Homeoffice den Puls der Zeit nahm, das Nachrichtenfieber maß und den politischen Akteuren die Brust abhorchte, siechten die Kinder in einem komatösen Zustand vor sich hin, pendelten zwischen Bett und Kühlschrank und stellten das Denken ein.

Das ließ sich auch in ihren Lernplattformen verfolgen, in die ich mich nachts einloggte: Ein Kind nach dem anderen gab auf. Die Schule hat in Berlin zwar jede Menge Probleme, aber ohne Schule haben alle Eltern jede Menge Probleme.

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Nun also zum ersten Mal seit Monaten: Ruhe im Haus! Toll, das muss ich ausnutzen! Was mache ich bloß als erstes? Peitschen und Handschellen wieder wegpacken? Mich bei den anonymen Alkoholikern anmelden? Leere Pizzakartons in den Zimmern einsammeln? Zum Arzt gehen wegen Tinnitus? Scherz beiseite – nichts davon. Man kommt nicht gleich drauf, aber: Ab in die Hängematte, bloß nichts machen! Die Ruhe genießen!

Was die Kinder in den vergangenen Monaten (ja, es waren Monate!) an Struktur und Stress zu wenig hatten, hatte ich nämlich im Übermaß. Homeschooling, Homeoffice, Versuche sinnvoller Freizeitgestaltung, und diese vielen Mahlzeiten! In Leid und Jubel bin ich nicht allein: Als ich Montag bei Google „endlich“ in das Suchfeld eingab, bekam ich als Ergänzung vorgeschlagen: „wieder Schule“.

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