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Berlin: Ersatzrichter? Nicht üblich

Warum der Prozess um den Tod von Jonny K. womöglich neu aufgerollt wird.

Nach dem Eklat um einen Schöffen im Prozess um die tödliche Prügelattacke auf den 20-jährigen Jonny K. werden zunächst weitere Zeugen gehört. Die Verhandlung soll am Montag fortgesetzt werden. Indes laufen Diskussionen um das drohende Aus für den Prozess. Die Verteidigung hatte den Laienrichter am vierten Tag, wie berichtet, als befangen abgelehnt. Er hatte zuvor einen offensichtlich unwilligen Zeugen mit der Frage konfrontiert: „Sind Sie zu feige oder wollen Sie das Gericht verarschen?“

Auf der Richterbank sitzen drei hauptamtliche und zwei Laienrichter. Es wird ohne Ergänzungsrichter und damit ohne möglichen Ersatz verhandelt. Fällt einer der Richter aus, muss von vorn begonnen werden, denn wer urteilt, muss die komplette Beweisaufnahme erlebt haben. Um Ergänzungsrichter und -schöffen zu bestellen, brauche man nach dem Gesetz eine „Verhandlung längerer Dauer“, sagte ein Gerichtssprecher am Freitag. Die aber habe man im Prozess um den Tod des Schülers mit zunächst geplanten zehn Tagen bis Ende Juni nicht. In Verfahren einer solchen Größenordung seien Ergänzungsrichter nicht üblich. Das sei auch personell nicht zu leisten.

Jonny K. war laut Anklage in der Nacht zum 14. Oktober mit wuchtigen Schlägen und Tritten so attackiert worden, dass er stürzte und auf die Straße aufprallte. Er starb einen Tag später an Hirnblutungen. Die sechs Angeklagten im Alter von 19 bis 24 Jahren haben ihre Beteiligung an der Schlägerei zugegeben, wiesen aber alle eine Schuld am Tod des Schülers von sich. Die Staatsanwaltschaft wirft vier Männern Körperverletzung mit Todesfolge vor, zwei müssen sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Die drei Berufsrichter müssen den Befangenheitsantrag gegen den Schöffen prüfen. Aus Sicht der Anklage ist er „unbegründet“. Der Schöffe habe sich unqualifiziert geäußert. Das sei aber nicht aus Unmut über eine ausgebliebene belastende Aussage, sondern wegen der merkwürdig anmutenden Erinnerungslücken des Zeugen geschehen, argumentierten sie.

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