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Berlin: Erst die Arbeit, dann der Wahlkampf

PDS-Landes- und Fraktionschef Stefan Liebich über die Profilschärfe seiner Partei und die Konkurrenz um Themen mit dem Koalitionspartner SPD

Die SPD stellt sich schon für den Wahlkampf auf und präsentiert Klaus Wowereit wenig überraschend als ihren Spitzenkandidaten. Von der PDS hört man nichts. Fehlt es bei den Sozialisten an Köpfen?

Wir haben noch genug Zeit, den Wahlkampf zu eröffnen. Dieses Jahr wird ganz der inhaltlichen Arbeit in der Koalition gewidmet sein. Dass Harald Wolf mit seiner pragmatischen Art ein guter Spitzenkandidat für die PDS und ein gutes Kontrastprogramm zu Klaus Wowereit wäre, habe ich immer gesagt. Eine gute Konkurrenz ist nicht nur im Wahlkampf sinnvoll. Wir arbeiten aber auch bereits an den Themen, mit denen wir in den Wahlkampf ziehen wollen. Der soziale Aspekt wird auch 2006 unsere Arbeit bestimmen.

Aber die Sticheleien Ihres Koalitionspartners sind, was zum Beispiel die Umsetzung von Hartz IV betrifft, nicht überhörbar. So hat SPD-Parteichef Michael Müller der PDS-Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner parteitaktisches Verhalten vorgeworfen und ihr vorgehalten, sie würde die Umzugsregelung für Arbeitslosengeld-II-Empfänger bewusst verschleppen.

Das ist nicht der Stil, den wir uns wünschen. Bei Fragen über Hartz IV sollten wir uns nicht in der Koalition beharken, sondern Nachbesserungen bei der Bundesregierung einfordern, zum Beispiel zur Höhe der zulässigen Zuverdienstmöglichkeiten oder für ein einheitliches Arbeitslosengeld II in Ost und West in Höhe von mindestens 412 Euro, wie es der Paritätische Wohlfahrtsverband für angemessen hält. Wir fordern auch die Rücknahme der Regelung, wonach Menschen über 58 Jahre entgegen früherer Versprechen dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stehen müssen. Die Berliner PDS will eine Bundesratsinitiative starten. Darüber berät sie zurzeit mit der Berliner SPD. Die Unterstellungen von Michael Müller, Heidi Knake-Werner würde wissentlich aus parteitaktischem Interesse Zwangsumzüge provozieren wollen, sind albern.

Die PDS will treibende Kraft im Projekt „soziale Stadt“ werden. Das wollen Sie Ende April auf Ihrem Parteitag verabschieden. Jetzt ist Ihnen die SPD zuvorgekommen. SPD-Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer spricht von einer „strategischen Neuausrichtung des Quartiersmanagements“: Mit sechs Millionen Euro mehr sollen 18 neue städtische Problemgebiete gefördert werden.

Das ist ein Wettstreit, der der Stadt nützt. Die SPD hat gute Erfahrungen mit dem Quartiersmanagement. Wir finden aber, dass das nicht weit genug geht. Integrationspolitik wie zum Beispiel die Einrichtung eines neuen Unterrichtsfachs, das Wissen über Kulturen und Religionen vermittelt, gehört ebenso dazu. In verschiedenen Bezirken driften arme und reiche Kieze weiter auseinander. Deshalb muss Quartiersmanagement genauso wie die Einrichtung von Ganztagsschulen und Stadtteilzentren in Problemkiezen besonders verzahnt werden.

Sie selbst haben in Ihrer Partei mangelndes politisches Profil kritisiert. Ihre Umfragewerte aber liegen immer im Durchschnitt um die 15 Prozent. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?

Es ist uns gelungen, stärker deutlich zu machen, dass viele Entscheidungen in Berlin nur deshalb so getroffen wurden, weil die PDS mitregiert. Deshalb gibt es noch drei Opern oder ein Sozialticket zum halben Preis der Monatskarte. Deshalb haben Unternehmen endlich eine zentrale Anlaufstelle in der Stadt und arbeitslose Eltern weiter Anspruch auf einen Kitaplatz. Mit dieser Politik erreichen wir 15 Prozent. Aber wir wollen noch mehr.

Das Gespräch führte Sabine Beikler

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