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Berlin: Erst hinter der Fassade wird’s schön

Mit Hans Stimmanns Gestaltung des Pariser Platzes sind Architekturexperten nicht zufrieden

„Ich habe mit dem Pariser Platz meinen Frieden gemacht“, gestand der Stadtplaner Dieter Hoffmann-Axthelm. 1991 hatte er in einem Gutachten eine ganz andere Vision entwickelt. Damit das Brandenburger Tor besser als Wahrzeichen Berlins wirken kann, wollte er es als Solitär herausstellen, die Westseite des Platzes offen lassen und für die Längsseiten nicht mehr als zehn Meter Traufhöhe zulassen. Die Idee einer derartigen Monumentalisierung des Tors wurde seinerzeit von Volker Hassemers Senatsverwaltung für Stadtentwicklung torpediert. Josef Paul Kleihues konnte seine klassizistischen Etüden Haus Sommer und Haus Liebermann neben dem Tor bauen. Am restlichen Platz wurde den Investoren die übliche Bauhöhe zugestanden.

Das melancholische Fazit Dieter Hoffmann-Axthelms zog sich wie ein roter Faden durch das Expertengespräch, zu dem der Tagesspiegel ins Lichtburgforum der Gartenstadt Atlantic in Wedding eingeladen hatte. Es war die letzte von drei Veranstaltungen zur Bilanz der Arbeit von Senatsbaudirektor Hans Stimmann. Es diskutierten CDU-Bundestagsabgeordnete Monika Grütters, Ex-Senator Volker Hassemer, Stadtplaner Dieter Hoffmann-Axthelm und Architekturkritiker Gerwin Zohlen. Was den Pariser Platz angeht, waren sie sich einig: Ein großer Wurf ist es nicht geworden, was manche die „gute Stube“, andere den „Salon“ der Hauptstadt nennen.

Ist Hans Stimmann schuld, der für ganz Mitte Baulinie, Trauf- und Firsthöhe festlegte sowie den Stein als Fassadenmaterial, den prozentualen Anteil an Fensteröffnungen und die Fensterformate vorgeschrieben hat? Frank Gehrys DZ Bank sei der Beweis, dass man mit Stimmanns Festlegung auch großartige Architektur machen kann. Auch darüber ist man sich nicht nur auf diesem Podium einig. Allerdings findet die Architektur „im Saale statt“, das gilt nicht nur für Gehry, sondern auch für Meinhard von Gerkans Dresdner Bank mit ihrer beeindruckenden Rotunde, für Christian de Portzamparcs Französische Botschaft sowie für Behnischs Akademie der Künste mit ihren dramatischen Treppenkaskaden. Hassemer drückte es so aus: „Wenn man die Schwelle überschritten hat und hinter die Fassade gelangt, wird’s schön“.

Er wunderte sich darüber, was Stimmann alles entschieden haben soll. Aber es reichte offenbar dafür, dass man in Architektenkreisen verbittert war. Zwar weist der Senatsbaudirektor immer wieder darauf hin, dass es lediglich für den Pariser Platz eine Gestaltungssatzung gegeben habe, doch für das übrige Berlin-Mitte war er die „wandelnde Gestaltungssatzung“. Wie ehemals Wilhelm II., der sich wichtige Baupläne vorlegen ließ und mit Kommentaren zu versehen pflegte, bestellte auch Stimmann die Architekten ein und las ihnen die Leviten. Unbotmäßigkeit empfahl sich nicht, denn auf Verzögerungen bei der Baugenehmigung reagieren Investoren empfindlich. Berlin sei deshalb „dank Stimmann an vielen Stellen unter der Latte durchgelaufen“, sagte Hassemer. Die internationalen Stararchitekten hätten vor allem mit der Knebelung in der Materialfrage ihre Probleme gehabt.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete und Sprecherin der Stiftung Brandenburger Tor, Monika Grütters, betonte, dass sie damals gemeinsam mit Hassemer als Einzige in der CDU einer Ausnahmegenehmigung von der Satzung für den Akademieneubau zugestimmt habe. Umso mehr stimme sie traurig, dass ausgerechnet Günter Behnisch und Werner Durth mit ihrer Fassade versagt haben.

Grütters wünscht sich einen „Kaffeehausplatz“ und beklagt die Nutzung des Platzes. Die ständigen „Events“ mit den Buden, Plakatwänden und Installationen von der RTL-Sprungschanze bis zum WM-Riesenfußball führten dazu, dass die Touristen Mühe hätten, vom Berliner Wahrzeichen Fotos zu machen. Zwar ist der Platz, wie Moderator Gerwin Zohlen beklagt, durch „Stiefmütterchenrabatten“ als nostalgisches Ambiente der Kaiserzei kostümiert worden, doch Volker Hassemer sieht darin den Vorteil, dass man ihn sonst noch mehr mit „Eventkultur“ vollstellen würde.

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