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Berlin: Erste Kratzer am Potsdamer Platz

Bald werden die ersten neuen Häuser verlassen: Nach dem geplanten Wegzug der Berliner Volskbank-Zentrale nach nur wenig mehr als drei Jahren und dem für 2004 angekündigten Auszug der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi scheint Berlins neue Mitte an Attraktivität einzubüßen. Aber die großen Investoren Daimler-Chrysler, Sony und HVB-Projekt wiesen gestern auf die gute Vermietungslage hin.

Bald werden die ersten neuen Häuser verlassen: Nach dem geplanten Wegzug der Berliner Volskbank-Zentrale nach nur wenig mehr als drei Jahren und dem für 2004 angekündigten Auszug der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi scheint Berlins neue Mitte an Attraktivität einzubüßen. Aber die großen Investoren Daimler-Chrysler, Sony und HVB-Projekt wiesen gestern auf die gute Vermietungslage hin. Sie bedauerten die Entscheidung des Volksbank-Nachbarn, führten sie aber allein auf die Berliner Bankenlage zurück. "Es ist kein Problem des Potsdamer Platzes", betonte Daimler-Chrysler-Sprecherin Ute Wüest von Vellberg.

Der Konzern hatte der Volksbank eines der ersten bezugsfertigen Häuser des neuen Viertels verkauft - ein Bauwerk mit Licht- und Schattenseiten, weil es einen schluchtartigen und recht dunklen Hof besitzt. Glänzend aber war die Stimmung, als die Vorstandsmitglieder der Berliner Volksbank im Dezember 1997 den Umzug an den Potsdamer Platz ankündigten. Sie lobten die Funktionalität des von Arato Isozaki und Steffen Lehmann errichteten Gebäudes, die exponierte Lage im Zentrum und die gute Verkehrsanbindung. Zudem sei das Domizil, das man jetzt gefunden habe, billiger als der zunächst für 400 Millionen Mark geplante Neubau am Messedamm. Endlich hatte die Berliner Volksbank nach langen Jahren der Planung ein Hauptgebäude gefunden.

Im folgenden November wurde die Zentrale am Landwehrkanal offiziell eröffnet. Nun wird ab April ausgezogen, und nur eine Filiale bleibt zurück. Von 880 Stellen der Zentrale sollen, wie berichtet, 310 gestrichen werden, ohne betriebsbedingte Kündigungen. Die Bank, die zum größten Teil in das von der Grundkreditbank übernommene Gebäude an der Budapester Straße einziehen will, wollte sich gestern zu näheren Einzelheiten nicht äußern. Sie stritt lediglich ab, dass es hohe Unterhaltskosten gebe. Sie will das 200 Millionen Euro teure Haus, in dem bereits Teile an den Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken abgetreten wurden, vermieten. Ob gar ein späterer Verkauf geplant ist, wurde nicht mitgeteilt.

Daimler-Chrysler, damals debis, hatte das wegen seines ungewöhnlichen Aussehens nicht unumstrittene Gebäude nach seiner Fertigstellung verkaufen dürfen, weil das Grundstück eine ehemalige Privatfläche war. Für fast alle anderen Häuser, die auf früheren Landesgrundstücken entstanden, müssen nach einer Vereinbarung mit dem Senat mindestens zehn Jahren im Eigentum des Konzerns bleiben. Das Bürohaus, zunächst unter anderem für das Bundesinnenministerium im Gespräch, war eigens für die Bedürfnisse der Bank umgebaut worden. Architekt Steffen Lehmann sagte gestern, schon kurz nach dem Einzug hätte sich für die Bank eine schwierige Phase angedeutet, so dass schon damals an eine Verkleinerung der Zentrale gedacht worden sei. Es sei verständlich, wenn die wirtschaflich bedrängte Bank die Immobilie als Flaggschiff "toll vermieten" wolle. Das nicht teure "ökologische Bürogebäude" lasse sich ohne Schwierigkeiten umgestalten, der Bau bereite ohnehin keine technischen Probleme.

Es sei geradezu eines der wirtschaftlichsten Gebäude Berlins, ergänzte Ute Wüest von Vellberg von Daimler-Chrysler. Es gebe unter anderem keine energiefressende Klimaanlage und der Regen werde für Brauchwasser genutzt. Das Gebäude ließe sichschnell wieder vermieten, die Nachfrage sei groß, bestätigten auch Karin Püttmann von Sony und Hugo Gensler, der Geschäftsführer von HVB-Projekt, dem Bauherrn der Park-Kolonnaden. In deren Kopfbau war vor gut einem Jahr die Verdi-Bundesverwaltung eingezogen, was von Anfang an auch wegen der höheren City-Mietpreise als Übergangslösung gedacht war. HVB hatte der Gewerkschaft zwar noch einen Sitz in der Oberbaum-City angeboten, aber Verdi will im Sommer 2004 mit 800 Mitarbietern in ein Hochtief-Projekt des künftigen Medienviertels Media Spree am Ostbahnhof ziehen.

Aber auch bei HVB macht man sich über Nachmieter am Potsdamer Platz keine Sorgen. Trotz der Auszüge von Volksbank und Gewerkschaft stabilisiere sich der Potsdamer Platz, sagte Geschäftsführer Hugo Gensler.

Christian van Lessen

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