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Auf dem Weg zur Endstation: Hier wird der Triebwagen auf dem Anschlussgleis des Museums im Park am Gleisdreieck zu einem trockenen Stellplatz gezogen.

© Lars Quadejacob, SDTB

Erster elektrischer S-Bahn-Wagen: Berliner Museum rettet 95 Jahre alten S-Bahn-Waggon vor Verfall

Das Technikmuseum bringt den ersten elektrischen S-Bahn-Wagen von 1924 ins Trockene.

Ob der Triebwagen noch fünf Jahre im Freien überlebt hätte? Das Technikmuseum hat jetzt einen 95 Jahre alten S-Bahn-Wagen gerettet und nach Jahrzehnten des Verfalls im Freien in der vergangenen Woche ins Trockene gebracht. Mit „ET 169 005b“ hatte im Jahre 1924 der elektrische Betrieb bei der Berliner S-Bahn begonnen – und der Abschied von der Dampflok.

Dieser älteste Berliner Triebwagen steht jetzt in einer der Hallen des Technikmuseums (DTM) an der Monumentenbrücke. Im kommenden Jahr werde er erstmals öffentlich zu sehen sein, sagte Lars Quadejacob, Leiter des Sammlungsbereichs Landverkehr bei der Stiftung Deutsches Technikmuseum am Sonntag. Der Wagen habe enormen historischen Wert.

Beginn der Großen Elektrifizierung

Als erste Strecke war 1924 die nach Bernau „elektrisiert“ worden, wie es damals hieß. Es war der Beginn der so genannten Großen Elektrifizierung. Deshalb wird diese erste Fahrzeugbaureihe der S-Bahn auch „Bernau“ genannt. Erstmals wurde der Strom über eine seitliche Stromschiene zugeführt, wie heute und auch künftig noch.

Die Baureihe „Bernau“ war der erste Schritt zu dem heute weltweit üblichen S-Bahn-Konzept. „Ein Meilenstein auf dem Weg zur S-Bahn von heute“, sagt Quadejacob. Schon der ET 169 hatte vier Achsen und Schiebetüren. Zwischen die beiden von Elektromotoren angetriebenen Köpfe waren allerdings noch zweiachsige Beiwagen gekuppelt – wie bei einer Bimmelbahn. Dies war einer der Gründe, wieso die Technik von Beginn an überholt war.

Zudem passten die Züge der Baureihe „Bernau“ nicht in den zur Olympiade 1936 teilweise und 1939 dann durchgehend eröffneten Nord-Süd-Tunnel.

Der jetzt gerettete „ET 169 005b“ pendelte also die ersten Jahre zwischen Stettiner Vorortbahnhof über Gesundbrunnen nach Bernau und zurück. Es wurden nur 17 Triebzüge dieser ersten Baureihe gebaut, kein Vergleich mit den über 1000 „Stadtbahn“-Wagen, die fast 70 Jahre lang das Berliner Stadtbild prägten.

Die letzten „Bernauer“

Heute ist es unvorstellbar, wie es Berlin gelang, in wenigen Jahren fast das gesamte, riesige S-Bahn-Netz auf elektrischen Betrieb umzustellen. Die letzten „Bernauer“ fuhren bis 1962. Zu dieser Zeit waren die Züge so stark modernisiert, dass sie nicht mehr als ET 169 zu erkennen waren.

Dass „ET 169 005b“ schon 1943 ausgemustert wurde, ist also Glück. So blieb ein Bernauer mit der charakteristischen Front im Originalzustand erhalten. In den 50er und 60er Jahren soll er der Reichsbahn als Schulungsraum gedient haben, sagt der Mann vom Technikmuseum. Im Innern seien noch Reste von Unterlagen der Hochschule für Verkehrswesen Dresden gefunden worden.

Seit 1993 stand er in der Abstellanlage Hundekehle nahe dem Bahnhof Grunewald und gehörte zur Sammlung des Vereins Historische S-Bahn. Seitdem gibt es von dem Triebwagen nur noch 60 Prozent, sprich elf Meter. Der Rest sei damals leider abgetrennt worden, weil er sonst nicht durch die Kleingartenanlage nach Hundekehle gepasst hätte. Dort überwucherte Gestrüpp in den letzten Jahren den Wagenkasten. Da die Bahn jetzt die Anlagen abreißen ließ, musste er weg, und das Museum griff zu. Außen sind noch Reste des rot-ockerfarbenen Originallacks der 1930er Jahre erhalten.

Der Wagen wird in seinem „archäologischen Zustand“ belassen, sagte Quadejacob, „aber gereinigt und gefestigt“. Demnächst wird noch ein kompletter „Bernauer“ Beiwagen, noch mit Achsen ins Kreuzberger Museum gebracht. Beide Teile sollen zusammen ausgestellt werden.

Die Fahrzeughalle an der Monumentenbrücke ist auch im kommenden Jahr an allen Septemberwochenenden geöffnet.

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