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Berlin: Erstmals Vogelgrippe-Virus bei einem Storch festgestellt

Das tote Tier wurde im Oderbruch gefunden. Experten: Keine erhöhte Gefahr für Menschen. Naturschützer befürchten trotzdemÜbergriffe auf Horste

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Letschin / Riems / Berlin - Die Nachricht überraschte gestern viele: Erstmals wurde das Vogelgrippe-Virus H5N1 bei einem Weißstorch im Osten Brandenburgs nachgewiesen. Bislang sei weltweit kein Fall bekannt, in dem sich Störche mit dem Virus infiziert hatten, sagte eine Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) für Tiergesundheit in Riems dem Tagesspiegel. Deshalb habe man die Wahrscheinlichkeit als gering eingeschätzt.

Der tote Weißstorch wurde in der vergangenen Woche allein auf einem Feld nahe der Oder im Ort Sydowswiese bei Letschin im Oderbruch gefunden und am 19. April ins Landeslabor Frankfurt (Oder) gebracht. Gestern erhielt die zuständige Verwaltung des Landkreises Märkisch-Oderland die Mitteilung des Referenzlabors aus Riems, dass das Tier mit der Asia-Variante von H5N1 infiziert war. Ob es sich um die auch für den Menschen gefährliche Variante handelt, werde noch untersucht.

Um den Fundort wurde ein drei Kilometer breiter Sperrbezirk gebildet, in dem unter anderem das Jagen von Wildvögeln untersagt ist, absolute Stallpflicht für Hausgeflügel besteht, Katzen eingesperrt und Hunde angeleint werden müssen. Besondere Maßnahmen gelten auch in einem zehn Kilometer breiten Beobachtungsgebiet. Hier werden, wie im Sperrbezirk, verstärkte Kontrollen der Haustierbestände durchgeführt. Für Märkisch–Oderland ist es bereits der zweite, für Brandenburg der 19. Vogelgrippe-Fall.

Einige märkische Wissenschaftler hatten schon darauf hingewiesen, dass sich auch Störche mit dem Virus infizieren könnten. „Wir haben aber gehofft, dass dieser Fall nicht eintritt“, sagte der Leiter des Weißstorchinformationszentrums Vetschau, Winfried Böhmer. Wie viele andere Tierfreunde befürchtet er, dass es zu Übergriffen auf Storchenhorste kommen könnte: „Wir hatten schon entsprechende Anträge und auch Versuche, die Horste umzulegen“, berichtet er: „Von den 1200 Horsten in Brandenburg stehen viele inmitten der Dörfer, manche auch in der Nähe von Kindergärten – das löst irrationale Ängste bei einigen Menschen aus.“

Der Sprecher des brandenburgischen Landwirtschaftsministeriums, Jens-Uwe Schade, warnte vor Panikmache: „Selbst wenn es sich um die für den Menschen gefährliche Virusvariante handeln sollte, genügen die normalen hygienischen Sicherheitsvorkehrungen“, sagte er. Kinder sollten keinen Tierkot und keine Federn anfassen, tote Vögel nicht berührt werden. Hinzu komme, dass das Virus durch Wärme und Sonneneinstrahlung im Kot schnell absterbe. Außerdem handele es sich um einen Einzelfall, seit dem Fund wurden keine weiteren Storchkadaver gefunden. Zusätzliche Sicherheit böte der Umstand, dass seit einigen Wochen ein Sonderprogramm für Störche in das Wildvogel-Monitoring von Brandenburg und Berlin aufgenommen wurde. Die Störche würden derzeit verstärkt untersucht.

Der Vermutung, dass sich der Storch in Afrika infiziert habe, widersprachen Experten. „Wir wissen nicht, woher der Storch kam“, sagte Landeslabor-Chef Roland Körber. Das Tier habe keinen Ring getragen, seine Flugroute könne daher nicht nachvollzogen werden. Die meisten Störche sind so genannte Ostzieher, kommen also über die Türkei aus Afrika, während die Westzieher über die Straße von Gibraltar und Spanien einfliegen. In jedem Fall sei es unwahrscheinlich, dass die Störche nach einer Infektion in Afrika noch die Kraft hätten, bis Brandenburg zu fliegen.

In Berlin setzt die Gesundheitsverwaltung auch nach dem Fund des infizierten Storchs weiter auf Entspannung. Wenn nichts dazwischen komme, werde der Status des Beobachtungsgebietes wie geplant am Freitag aufgegeben, sagte die Sprecherin der Verwaltung, Roswitha Steinbrenner, gestern. Nach dem Auffinden eines infizierten Bussards, bei dem der Fundort nicht mehr festgestellt werden konnte, war vor einem Monat die gesamte Stadt zum Beobachtungsgebiet erklärt worden. 30 Tage lang mussten Geflügeltransporte angemeldet werden.

Der infizierte Storch ändere daran nichts, so Steinbrenner weiter. Der Fundort sei zu weit weg, um Maßnahmen einleiten zu müssen. Auch an der Feststellung, durch Tauben gebe es keine Gefährdung, halte man fest, obwohl sich bei dem Storch gezeigt hat, dass solche Einschätzungen falsch sein können. Bei Tauben sei das Risiko erforscht, sagte Steinbrenner. Die Viren im Kot reichten nicht aus, andere Tiere oder Menschen anzustecken. Die Tauben selbst können sich infizieren.

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