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Erweiterungsbau: Jüdisches Museum zieht in den Blumengroßmarkt

Der Plan, dort in der Blumengroßmarkthalle an der Friedrichstraße eine Kunsthalle einzurichten, ist vom Tisch. Architekt Daniel Libeskind plant den Umbau für die Erweiterung des Jüdischen Museums. In dem Gebäude entsteht ein "biblischer Garten".

Noch werden Farbtupfer für den grauen Winter gehandelt. Der Blumengroßmarkt an der Friedrichstraße ist „voll in Betrieb“, sagte eine Mitarbeiterin. Im März sollen die Blumen aber ausziehen, damit das Jüdische Museum mit den Umbauarbeiten beginnen kann. Die 6500 Quadratmeter große Halle soll künftig Archiv, Bibliothek sowie Räume für Seminare und Forschung beherbergen. Anders als bislang vorgesehen, will das Jüdische Museum die gesamte Halle übernehmen und nutzen. Damit ist die Idee, dort auch eine Kunsthalle für zeitgenössische Kunst einzurichten, endgültig vom Tisch. „Mit diesen Planungen gehen Senat und Bund d’accord“, sagte ein Sprecher von Kulturstaatssekretär André Schmitz.

Eröffnung des neuen Museumsbaus ist für das Frühjahr 2011 geplant. Die Bauarbeiten sollen im Sommer beginnen. Bis dahin muss der Bebauungsplan für das Areal geändert werden. Den Entwurf liefert der Architekt des Museumsgebäudes, Daniel Libeskind. Veranschlagt sind 10 Millionen Euro, 60 Prozent davon zahlt der Bund, 40 Prozent werden aus Spenden vor allem von US-Mäzenen finanziert. Die Hülle des Marktes wird nicht verändert, drinnen entsteht ein neues U-förmiges Gebäude mit einem „biblischen Garten“ dazwischen, ein „Haus-in-Haus-Konzept“, erklärt Melanie von Plocki, Sprecherin des Jüdischen Museums. Eine Brücke oder ein Tunnel als Verbindung zum Standort an der Lindenstraße seien allerdings nicht mehr vorgesehen. Das Museum wird die Markthalle vom Land erwerben, über die Kaufsumme werde noch verhandelt, so von Plocki. Mit dem „Jüdischen Museum II“ würde sich die Nutzfläche des Museums verdoppeln.

Die Kapazitäten am alten Standort sind erschöpft. Die Bestände der Bibliothek haben sich mit rund 70 000 Büchern, Filmen und Datenträgern verdreifacht, die Archivbestände verdoppelt, auch weil das Leo-Baeck-Institut New York und die „Wiener Library“ aus London hier Filialen unterhalten. Im neuen Haus sollen Ausstellungen gezeigt und Bildungsprogramme veranstaltet werden. Mehrere Besuchergruppen können hier parallel betreut werden. Das Museum zählt seit seiner Gründung 2001 fast sechs Millionen Besucher. Im vergangenen Jahr war mit rund 755 000 Gästen allerdings ein kleiner Rückgang zu verzeichnen.

Die Initiative für den Bau einer Kunsthalle um die grüne Kulturpolitikerin Alice Ströver will aber noch nicht aufgeben. Angrenzend an die Halle stehen Freiflächen von rund 20 000 Quadratmetern zum Verkauf. Diese „Filetstücke“ meistbietend zu vermarkten, wäre der „Tod des Kreativquartiers“ zwischen Jüdischem Museum und Berlinischer Galerie, sagte der Sprecher der Initiative, Florian Schmidt. Dort könnte er sich gut eine Kunsthalle vorstellen, die mit der Berlinischen Galerie kooperiert. In der Gegend seien inzwischen 70 Galerien und 400 Kreativunternehmen beheimatet, die den Anspruch einer kulturellen Nutzung untermauern würden. Mit einer neuen Studie werde das kulturelle Potential des Viertels belegt. Unterstützt werden die Pläne vom grün-regierten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.

Nach dem Scheitern einer privat finanzierten Kunsthalle am Humboldthafen nahe dem Hauptbahnhof hat der Senat das Thema Kunsthalle vertagt. Geld gibt es im Haushalt nur für eine „mobile Kunsthalle“, also Ausstellungen an wechselnden Orten. Wo und wann es einen festen Ort für die Berliner Avantgarde geben werde, sei noch offen, sagte Torsten Wöhlert. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) favorisiere weiterhin den Standort Humboldthafen. Unterdessen erklärte die Leitung der Berlinischen Galerie im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses, man sei in der Lage, die Rolle einer Kunsthalle zu übernehmen, wenn sich keine andere Lösung finde.

Und wohin nun mit den Blumen? Auf dem Großmarktgelände an der Beusselstraße in Moabit entsteht derzeit eine neue Halle für die Blumenhändler. Bis zum März soll dort alles fertig sein. Damit endet eine 120-jährige Tradition des Blumenhandels an der Friedrichstraße.Thomas Loy

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