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Berlin: Erwerbsunfähige erhalten weiter Arbeitslosengeld II

Werner Meyer kann die Entscheidung der Ämter nicht verstehen. „Ich schaffe es kaum noch bis zum Bus, soll aber arbeitsfähig sein.

Werner Meyer kann die Entscheidung der Ämter nicht verstehen. „Ich schaffe es kaum noch bis zum Bus, soll aber arbeitsfähig sein.“ Denn seit Anfang des Jahres gehört Meyer, der zu 100 Prozent schwerbeschädigt ist, zu den rund 310 000 Berliner Empfängern von Arbeitslosengeld II. Der 52-jährige Lichtenberger hat bereits zwei Krebsoperationen und verschiedene Chemotherapien hinter sich gebracht und muss wegen seiner Krankheit beinahe täglich zur ärztlichen Behandlung. Die Mitarbeiterin im Job-Center, bei der er im Januar vorsprechen musste, habe ihm zwar gleich zugesichert, dass er wegen seines Gesundheitszustands nicht arbeitsfähig ist; er wird aber dort weiter als Arbeitslosengeld-II-Empfänger geführt. Bis zum vergangenen Jahr hatte Meyer, der früher als freischaffender Künstler tätig war, Sozialhilfe bezogen.

So wie Meyer wurden in Berlin nach Schätzungen der Krankenkassen einige hundert Menschen von den Sozialämtern als erwerbsfähige ALG-II-Empfänger eingestuft, obwohl sie beispielsweise aus Gesundheitsgründen gar nicht arbeiten können. Genaue Zahlen gibt es noch nicht. Die AOK zum Beispiel als größte Krankenkasse spricht von Fällen „im dreistelligen Bereich“; die Barmer Ersatzkasse prüft noch und nennt keine Zahlen. „Für uns sind das aber nicht nur Einzelfälle“, sagt AOK-Sprecherin Gabriele Rähse. Man werde genau untersuchen, ob bei der falschen Zuordnung vielleicht auch Methode dahinter steckt. Die Senatssozialverwaltung bleibt jedoch weiterhin bei ihrer Auffassung, dass es sich dabei nur um Einzelfälle handelt, die man natürlich genau prüfen werde. Dieser Meinung ist auch die Regionaldirektion für Arbeit.

Noch ist aber ungeklärt, wie mit den Menschen künftig verfahren wird. Vorerst gelten sie als ALG-II-Empfänger und tauchen weiter in der Hartz-IV-Statistik auf. „Wir brauchen eine bundesweite Regelung, um solche Fälle rückabwickeln zu können“, sagt AOK-Sprecherin Rähse. Die Krankenkassen seien schon auf Bundesebene mit einem entsprechenden Vorstoß aktiv geworden. Rähse kritisiert, dass bisher die Krankenkassen bei der Umsetzung von Hartz IV in die Entscheidung, ob jemand erwerbsfähig ist oder nicht, nicht einbezogen seien. Diese Entscheidung werde nur von den Sozialämtern und den Arbeitsagenturen getroffen.

Nach Angaben von Olaf Möller, Sprecher der Regionaldirektion für Arbeit, werden die Rentenversicherungsträger eingeschaltet, wenn jemand nicht mehr erwerbsfähig ist. Sollten keine Rentenansprüche bestehen, werde der Fall zurück an das Sozialamt verwiesen. Dann erhalte der Betreffende dort Leistungen der Grundsicherung.

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