zum Hauptinhalt
Jeden Monat wieder. Die Ruby Cup löst ein intimes Problem.

© Kai-Uwe Heinrich

Es gibt noch Tabus: Menstruation zum Beispiel: Kleine Tasse, große Wirkung

In Kenia gehen viele Mädchen nicht zur Schule, wenn sie ihre Tage haben. Ein Berliner Sozialbetrieb hat ein innovatives Hygieneprodukt entwickelt. Europäische Kundinnen sponsern das Produkt für die Mädchen.

Für Maxie Matthiessen liegt die Lösung auf der Hand. Um Mädchen in Kenia in der Schule zu halten, brauchen sie eine Lösung für ihre Monatsblutung. Viele Mädchen bleiben nämlich tagelang zu Hause. Menstruationsbinden oder gar Tampons können sie sich nicht leisten. Also nehmen sie, was sie finden, von alten Stofffetzen über alte Socken bis hin zu Papierfetzen. Aus Angst, dass diese Ersatzbinden durchbluten, gehen sie in dieser Zeit nicht zur Schule.

Maxie Matthiessen, Veronica D’Souza und Julie Weigaard Kjær wollten für dieses Problem eine Lösung finden. Sie haben sich als Studentinnen an der Copenhagen Business School in Dänemark kennengelernt. 2011 gründeten sie das Unternehmen Ruby Cup. Sie entwickelten eine sogenannte Menstruationstasse. Sie sieht aus wie ein Saugnapf mit einem Stil, ist aus medizinischem Silikon hergestellt und wird in die Vagina eingeführt. Dort fängt sie das Menstruationsblut auf. Bis zu 12 Stunden muss sie nicht gewechselt werden. Dann wird sie geleert, mit Wasser ausgespült und wieder eingesetzt. Das „ist die Lösung für die Schulmädchen in Kenia“, dachten sich die drei Gründerinnen und zogen nach Nairobi.

Zu teuer für arme Schulmädchen in Kenia

Die Idee der drei jungen Frauen überzeugte – zunächst aber vor allem Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Stiftungen und Preisgeber. Sechs Gründerpreise hat Ruby Cup allein in den ersten zwei Jahren des Bestehens gewonnen. Und die brauchten Maxie Matthiessen und ihre Mitstreiterinnen auch dringend. Denn in Kenia wollte das Geschäft einfach nicht in Gang kommen. Zwar stießen die Verkaufsberaterinnen in den Slums der kenianischen Hauptstadt durchaus auf Interesse. Aber die Frauen und Mädchen konnten sich ein Hygieneprodukt, selbst wenn es zehn Jahre hält und insgesamt viel billiger ist als herkömmliche Lösungen, schlicht nicht leisten. Mädchen, die schon Probleme haben, einen US-Dollar für Hygienebinden aufzubringen, können sich einen Ruby Cup für Preise zwischen drei und zehn Dollar eben auch nicht leisten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Doch das war nicht das einzige Problem in Kenia. Menstruationstassen gibt es zwar schon seit den 1930er Jahren. Durchgesetzt haben sie sich auf westlichen Märkten aber erst in den vergangenen zehn Jahren. Was nicht ganz stimmt. „In Dänemark benutzt die jede“, sagt Matthiessen und ist seit sie 2013 ihr Unternehmen nach Berlin verlagert hat, immer noch verwundert, dass das in Deutschland noch nicht so ist. In Kenia jedenfalls ist das Silikonprodukt ein relativ neuer Artikel. 2010 hat das African Population und Health Research Center eine Feldstudie in Kenia gemacht, um die Haltung der Frauen und Mädchen zu Menstruationstassen zu erkunden. Sie stellten fest: Viele kostete es einige Überwindung, ein Produkt zu nutzen, das in den Körper eingeführt werden muss. Aber sobald sie die bakterienabweisenden Tassen getestet hatten, waren die meisten durchaus begeistert.

Kulturelle Hürden

Das wussten die drei Gründerinnen also schon, als sie in Nairobi anfingen. Sie haben Mädchen im gleichen Alter angeworben, die in den Schulen nicht nur erklären sollten, wie die Produkte funktionieren, sondern auch gleich über die Körperfunktionen aufklären sollten. Das funktioniert bis heute so. Nur die Idee, als Sozialuntenehmen mit einem Produkt, das ein soziales Problem lösen könnte, auch Geld zu verdienen, erwies sich als nicht machbar.

2011 hat Maxie Matthiessen mit zwei Mit-Studentinnen in Kopenhagen das Sozialunternehmen Ruby Cup gegründet. Der Firmensitz war zunächst in Nairobi, doch 2013 haben die drei Gründerinnen ihren Sitz nach Berlin verlegt. Mit diesen Fotos präsentiert sich Matthiessen auf der Unternehmenshomepage.
2011 hat Maxie Matthiessen mit zwei Mit-Studentinnen in Kopenhagen das Sozialunternehmen Ruby Cup gegründet. Der Firmensitz war zunächst in Nairobi, doch 2013 haben die drei Gründerinnen ihren Sitz nach Berlin verlegt. Mit diesen Fotos präsentiert sich Matthiessen auf der Unternehmenshomepage.

© promo

Maxie Matthiessen und ihre Mitstreiterinnen entschieden sich, nachdem zu allem Überfluss auch noch ihre Wohnung von bewaffneten Räubern überfallen worden war, einen neuen Ansatz auszuprobieren und verlegten das Unternehmen nach Berlin. Sie verkaufen die Menstruationstassen nun von Mitte aus vor allem im Internet und über Öko-Händler auf dem europäischen Markt.

Der neue Businessplan: Helfen

Wer die 27 Euro für die Ruby Cup ausgibt, finanziert damit auch einen Ruby Cup für ein Mädchen in Kenia, die inzwischen nur noch 45 Cent dafür aufbringen müssen. Das Design der Kartons und Seidensäckchen, in denen das Produkt verkauft wird, haben die Gründerinnen beibehalten. Es sollte edel aussehen und etwas hermachen. Denn gegen die professionelle Fernsehwerbung für Binden oder Tampons hätten sie sonst kaum eine Chance. Die Mädchen und Frauen in den Slums wollen nämlich keine extra für arme Leute designte Produkte. Sie wollen das, was alle Frauen verwenden. Und die Mittelklasse kauft ihre Ruby Cups inzwischen in kenianischen Apotheken. Den Umgang damit erlernen Frauen leicht, und es gibt sie in verschiedenen Größen.

Im vergangenen Jahr haben Matthiessen und ihre Kolleginnen über eine Crowdfunding-Kampagne 42 000 Dollar eingesammelt und 4000 Ruby Cups in Kenia an die Mädchen gebracht. Die Verkäufe in Europa steigen ebenfalls. Hier konkurriert der Ruby Cup mit mehr als zehn weiteren Marken, die aber fast alle teurer sind, und keine der anderen Marken verbindet mit dem Verkauf ein soziales Engagement wie die drei Gründerinnen. Inzwischen trägt sich das Unternehmen tatsächlich selbst.

Mehr Informationen gibt es hier: www.ruby-cup.com

Zur Startseite