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Berlin: „Es hilft doch nichts, wenn wir uns gegenseitig für blöd erklären“

Der umstrittene CDU-Fraktionschef Frank Steffel will ein anderes Bild von sich vermitteln. Deshalb tingelt er durch die CDU-Ortsverbände – und besuchte die Parteibasis im „Bräustübl“ in Mitte

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Ich biete der Partei meine Arbeit an“, sagt Frank Steffel. „Nicht aus wirtschaftlichen Gründen, nicht aus persönlicher Eitelkeit, sondern weil die Basis es richtig findet.“ Die CDU-Basis hört aufmerksam zu. Am Dienstagabend im Bräustübl in der Mohrenstadt, wo der Ortsverband Dorotheenstadt zur Mitgliederversammlung eingeladen hat. Gastredner: der Fraktionschef im Abgeordnetenhaus. Das Thema: Zukunft der CDU in Großstädten. „Frank, du machst einen guten Job“, begrüßt der Ortsvorsitzende Frank Henkel seinen Freund.

Steffel und Henkel kennen sich seit Mitte der achtziger Jahre; in der Jungen Union sind sie groß geworden. Beide sind Diplom-Kaufleute und noch keine vierzig Jahre alt. Beide haben in den vergangenen Jahren von Reinickendorf aus CDU-Politik gemacht. Steffel als Abgeordneter, Henkel als Leitungsreferent der Bezirksbürgermeisterin Marlies Wanjura, bevor er ins Persönliche Büro des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen wechselte. Jetzt ist Henkel CDU-Fraktionsgeschäftsführer und Steffels engster Berater – mit Medienerfahrung. Henkel war zeitweilig Verkehrsreporter bei Radio 100,6.

Nein, er wolle keinen langen Vortrag halten, verspricht Steffel den etwa 40 Parteifreunden, die im Spiegelsaal des Bräustübl beim Bier zusammensitzen. Nur „ein paar Stichworte aus meiner Sicht“ wolle er in die Runde werfen. Der Fraktionschef trägt mit sonorem Bass vor. Und stakkato, wie immer. Fast eine Stunde lang. Die Zuhörer bleiben aufmerksam und freundlich zugewandt. Alte und Junge, kaum Frauen. Der Vorsitzende Dieter Schulze aus dem benachbarten CDU-Ortsverband Rosenthaler Platz ist auch gekommen. Ein älterer Herr, der Lenin und Demokrit, Marx und Hegel treffsicher zitiert. Die Berliner CDU ist ein bunter Haufen.

Genau das ist das Thema, das Steffel bewegt: Die Union als Volkspartei. „Ich bin gegen eine bürgerliche Elitepartei“, sagt er. „Ich weiß, dass Teile der Berliner CDU von einer 20-Prozent-Elitepartei der Reichen, Klugen und Schönen träumen.“ Damit hat er nichts am Hut und auch deswegen hat er sich an einem Wochenende hingesetzt, um ein „Gedankenpapier“ zu schreiben. Thesen, die in Steffels Partei nicht so gut angekommen sind und den Konflikt um den Fraktionsvorsitzenden neu aufbrechen ließen. Aber hier im Bräustübl lässt Steffel seinen Gedanken unbeirrt freien Lauf. „Auch im Osten Berlins muss die CDU Volkspartei werden.“

Sein Plan, in den östlichen Bezirken nicht nur die Nichtwähler, sondern auch die PDS-Anhänger und -mitglieder für die Union zu gewinnen, stößt aber im Ortsverband Dorotheenstadt auf Widerspruch. „Die alten SED-Leute will ich nicht in der CDU haben“, protestiert eine ältere Dame. „Nicht die, die uns damals drangsalierten.“ Alle nicken, auch Steffel. Auch er will nur denen in der CDU eine neue politische Heimat geben, „die nach Bewertung der individuellen Lebensläufe geeignet sind.“

Das eigentliche Thema des Abends schwingt zunächst nur zwischen den Zeilen, zwischen den Stichworten mit, die der Gastredner abliefert. Steffel mahnt die Partei zur Geschlossenheit. „Es hilft doch nicht weiter, wenn sich im CDU-Landesverband die Leute gegenseitig für blöd erklären.“ Die Parteifreunde lächeln wissend. Aber erst nach zwei Stunden meldet sich eine Frau. „Also, ich traue mich ja kaum zu fragen – was hat es denn mit den angeblichen Machtkämpfen in der CDU auf sich?“ Das sei offenbar ein Problem der Bürgerlichen, antwortet Steffel. „Die eigenen Leute schlecht zu reden.“ Es seien aber nur wenige in der Berliner CDU, „die das betreiben.“ Bisher sei es leider noch nicht gelungen, „ein anderes Bild von Frank Steffel zu vermitteln; ich leide am meisten darunter“, fügt der Betroffene hinzu. Nicht ohne Grund tingelt er seit Wochen durch die CDU-Ortsverbände, die demnächst ihre Vorstände neu wählen. Es ist innerparteiliche Wahlkampfzeit.

Geschlossenheit in der Opposition – das sei nicht zu erzwingen, das müsse wachsen, sagt Steffel noch und spricht über die notwendige Rollenverteilung. Seine Rolle sei es, Politik zu fokussieren und pointieren. „Wer die CDU kurz und knackig darstellt, darf nicht abgewatscht werden.“ Henkel spricht Trost zu. „Ich hoffe, du hast gespürt, dass du hier unter Freunden bist.“

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