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Berlin: EU-Kommission macht der S-Bahn Konkurrenz

Brüssel sagt Nein zum Berliner Verkehrsvertrag mit Mehdorn. Das bringt Probleme für den Senat – und gefährdet das ganze Konzept

Das Nein der EU zum Verkehrsvertrag zwischen dem Senat und der S-Bahn könnte das gesamte Finanzierungskonzept über den Haufen werfen. Die EU-Kommission will Wettbewerb auch auf dem Markt des öffentlichen Nahverkehrs. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat aber gerade mit Bahnchef Hartmut Mehdorn einen Vertrag geschlossen, durch den die Bahn für 15 Jahre in Berlin keinerlei Wettbewerb ausgesetzt ist. Zu dieser Einigung zu kommen, war schwierig genug – denn die Bahn musste bei den Verhandlungen zu dem Einverständnis bewegt werden, auf staatliche Zuschüsse in zweistelliger Millionenhöhe zu verzichten.

Wenn sich die EU-Kommission jetzt durchsetzt, kann es bei der Vertragslaufzeit über 15 Jahre nicht bleiben. Nur bei dieser langen Laufzeit war die S-Bahn aber bereit, die Reduzierung der Zuschüsse hinzunehmen. Die Kürzung liegt darin, dass die Bahn mit dem gleichen Geld wie vorher mehr Strecken unterhalten und betreiben soll.

Derzeit erhält die S-Bahn vom Staat jährlich 232 Millionen Euro, wobei das Geld vom Bund kommt und von Berlin nur durchgereicht wird. Der Bund überweist in Zukunft zwar 48 Millionen Euro mehr für das mittlerweile gewachsene Streckennetz der S-Bahn. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) will diesen Betrag aber lieber an die BVG weitergeben, um den Landeshaushalt zu entlasten.

Der Streit um die Zuschüsse dauerte lang; in seinem Verlauf drohte die S-Bahn mehrfach damit, Strecken einzustellen – zum Beispiel von Westkreuz nach Spandau oder von Priesterweg nach Lichterfelde oder vom Anhalter Bahnhof nach Wannsee. Um so überraschender kam es, als Bahnchef Mehdorn dann in seinem Spitzengespräch mit Wowereit den Kürzungen zustimmte, wobei die Verwendung von 22 Millionen Euro aber noch strittig ist. Diesen Betrag muss die S-Bahn innerhalb des Konzerns dafür bezahlen, dass sie die Gleise und Bahnhöfe nutzen darf. Der Senat hält die Summe für zu hoch.

Nach Informationen des Tagesspiegels sah die Rechnung der S-Bahn so aus: In den ersten Jahren der Vertragslaufzeit macht sie einen Verlust, den sie über Kredite ausgleicht; danach will sie Gewinn einfahren. Kritiker sind sogar überzeugt, dass der Gewinn kräftig ausfallen würde. Die Rechnung geht aber nur mit der langen Laufzeit auf. Wird sie verkürzt, muss der Senat demnach seinen Zuschuss erhöhen. Allerdings soll die S-Bahn auch in den vergangenen Jahren einen Gewinn an ihren Mutterkonzern abgeliefert haben, was die S-Bahn jedoch dementiert.

Ein offenes Vergabeverfahren, bei dem die Zahlen auf den Tisch müssten, würde Klarheit schaffen, heißt es beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB). Der hat bereits zwei Ausschreibungen organisiert: Bei den Regionalbahnstrecken östlich von Berlin hat die Prignitzer Eisenbahn zusammen mit der Hamburger Hochbahn den Zuschlag erhalten, bei der Heidekrautbahn von Karow nach Groß Schönebeck und Wensickendorf steht die Vergabe unmittelbar bevor.

Eine schnelle Ausschreibung der Leistungen der S-Bahn ist allerdings kaum möglich. Konkurrenten müssten erst neue Fahrzeuge beschaffen, die sich wegen der hiesigen Besonderheiten nur auf dem Berliner Netz einsetzen lassen. Auch der Konkurrent Connex, der sich für den Betrieb auf dem Ring beworben hat, könnte nach eigenen Angaben nicht vor 2006 starten. Dass eine Übernahme des Betriebs mit neuen Fahrzeugen möglich ist, will Connex jetzt auf der Strecke nach Westerland auf Sylt zeigen, die sie der Bahn AG im Wettbewerb abgenommen hat.

Der Verkehrsexperte der CDU, Alexander Kaczmarek, fordert weiter die Ausschreibung der S-Bahn- und Regionalbahn-Leistungen. Monopolverträge über 15 Jahre ohne Wettbewerb dürfe es nicht mehr geben. Für den FDP-Abgeordneten Klaus-Peter von Lüdeke ist die Intervention der EU ein „ermutigendes Zeichen“. Nun sei zu hoffen, dass auch das BVG-Monopol bald falle.

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