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Auch in Berlin (hier ein Bild vom letzten Kirchentag in Stuttgart) sollen wieder viele Kerzen und Augen strahlen.

© Patrick Seeger/dpa

Evangelischer Kirchentag in Berlin: Viel mehr als nur Gottesdienst

Vom Tanzworkshop über Predigt-Slams bis zum Speeddating: Das Kirchentagsprogramm ist unglaublich vielfältig. Eine Auswahl.

Klavierkabarett in Reimkultur. Tanzworkshop klassisch indisch bis Bollywood. Coming-out-Workshop für lesbische Frauen und Mädchen. Wer denkt, diese drei Themen lassen sich nicht auf einen Nenner bringen, hat sich nur noch nicht durch die 576 eng bedruckten Seiten des Programms zum Kirchentag gewühlt. Mit dem früheren US-Präsidenten Barack Obama und Angela Merkel an der Spitze werden so viele Geschmäcker bedient, dass die in Berlin reichlich vorhandenen Agnostiker sich wundern werden, was alles Kirche sein oder damit zu tun haben kann.

Ein bisschen wirkt das Programm so, als solle in den nächsten Tagen auch ein Kirchenbild reformiert werden, das am Tor des Gotteshauses endet. So jedenfalls klingt der Titel einer Veranstaltung am Donnerstag um 17 Uhr in der Auenkirche: „God sees the whole Community“. Oder, wie es am Samstag um 20 Uhr in der Kirche am Hohenzollernplatz heißt: „Gott googelt dich!“ Alle werden also gesehen und auch selber sehen, jedenfalls diejenigen, die sich nicht beizeiten zum verlängerten Christi-Himmelfahrt-Wochenende an einen stillen See absetzen.

Strategien gegen Fundamentalismus

Natürlich gibt es große und kleine Gottesdienste, Morgen-, Mittags- und Abendgebete, Oratorien, Mitsingkonzerte und Bibelarbeiten, sogar eine mit Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff am Samstag um 9.30 Uhr in der Sophienkirche in Mitte. Auch geistliche Übungen sind im Angebot, selbst in einer sportlichen Ausprägung wie die am Donnerstag um 14 Uhr auf dem Sportplatz am Anhalter Bahnhof: „Parkour-Exerzitien – mit meinem Gott überspringe ich Mauern“.

Strategien gegen Fundamentalismus suchen Feministinnen aller Religionen um 15 Uhr auf dem Messegelände in Halle 22a. Vom Leben mit einem Kind mit Behinderung handelt am Donnerstag zur selben Zeit ein moderiertes Gespräch in Halle 5.2 unter dem Titel „Mutter. Glück!?“.

Jugendliche haben um 14 Uhr in St. Lukas die Wahl zwischen „Speeddating“ und einem Spiel zum Klimawandel. Wer noch nicht weiß, was ein Predigt-Slam ist, kann es am Donnerstag um 19 Uhr in der Gethsemanekirche erfahren. In der St.-Ansgar- Kirche in Tiergarten gibt es am Freitag um 16.30 Uhr das Mitmachangebot „Beten mit den Füßen ganz praktisch“.

Zeitgleich geht es im Ludwig-Erhard-Haus um „Frauenordination im Judentum“. Und ja, auch das ist möglich: „Begegne Gott in Minecraft“ ist ein Jugendgottesdienst überschrieben am Samstag um 15 Uhr in der Möckernstraße 10.

Was herauskommt, wenn fromme Menschen Brainstorming zur Feier eines 500-jährigen Jubiläums machen, zeigt sich noch in mancher bunten Girlande, die scheinbar nur am Rande mit dem Thema Kirche zu tun hat, oder vielleicht nur zeigen will, dass Gott in allen Dingen steckt. Neue Baustellen für konstruktives christliches Wirken tun sich etwa auf am Samstag um 11 Uhr in St. Matthäus, wo es unter dem Titel „Schamlos beschämen“ um Shamestorms und Online-Pranger geht.

Zum Thema Homosexualität gibt es am Sonnabend um 15 Uhr im Kosmos in der Karl-Marx-Allee jüdische, christliche und muslimische Positionen zum Thema „Queer und religiös?!“ Zeitgleich geht es in Halle 20 auf dem Messegelände darum, wie die Demokratie Streit aushält: „Angst ist kein politisches Argument“.

In der St.-Elisabeth-Kirche gibt es von Donnerstag bis Samstag eine Interaktive Installation zur „Selbstbeweihräucherung“ zu sehen. Selbst wer am Samstag im Stadion eine kurze Auszeit nimmt, kann das als Vorbereitung für kommende Großereignisse verbuchen. Der Kirchentag 2019 findet am Fronleichnamswochenende in Dortmund statt.

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