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Der Prozess wird im Amtsgericht Tiergarten verhandelt.

© Taylan Gökalp/dpa

Ex-Mitarbeiter schweigt vor Gericht: Prozess wegen "Terminhandel" mit Geflüchteten in Botschaft gestartet

Termine gegen Bares? Ein Ex-Mitarbeiter der Visastelle der deutschen Botschaft in Beirut soll syrischen Geflüchteten gegen Geld Termine beschafft haben.

Der Andrang war riesig, die Wartezeit auf einen damals nur online buchbaren Termin in der Botschaft sehr lang. Als Mitarbeiter der Visastelle der deutschen Botschaft in Beirut soll Mohamad J. diese Situation ausgenutzt und korrupt die Hand aufgehalten haben. Er soll syrischen Flüchtlingen gegen Geld kurzfristig einen Termin beschafft haben, damit diese bevorzugt einen Antrag auf ein Visum zur Familienzusammenführung mit ihren bereits nach Deutschland geflohenen Angehörigen stellen konnten. Vor dem Amtsgericht Tiergarten hüllte sich der Syrer, der nun in Berlin lebt, in Schweigen.

Die Anklage lautet auf gewerbsmäßige Bestechlichkeit. In elf Fällen soll der 35-jährige J. in der Zeit von Dezember 2014 bis Mai 2015 für die Vermittlung von zeitnahen Terminen abkassiert haben. Damals war J. als sogenannte Ortskraft in der deutschen Botschaft beschäftigt. Bewusst habe er das Terminvergabesystem des Auswärtigen Amtes umgangen, heißt es in der Anklage. Visa-Antragsteller hätten für einen zügigeren Termin zwischen 300 und 1000 US-Dollar gezahlt. Insgesamt 4150 Euro habe J. erlangt.

Die Angeklagten schweigen bis jetzt

Für Mohamad J. soll in Berlin ein Helfer aktiv geworden sein, der nun wegen Beihilfe mitangeklagt ist. Ghias A., ebenfalls Syrer, soll gegen Bares mehrere Visa-Antragsteller an J. vermittelt haben, die in ihrer Verzweiflung viel Geld für einen Termin und damit eine schnellere Ausreise hinblätterten. Pro Fall habe der 35-jährige A. zwischen 100 und 200 Euro von Männern kassiert, die in Deutschland als Flüchtlinge anerkannt waren. Die Familienväter hätten gezahlt, um endlich für ihre Familien im Libanon einen Termin in der Visastelle der deutschen Botschaft zu erhalten.

Das Verfahren um mutmaßlichen „Terminhandel“ und Korruption war durch eine Sendung des ARD-Politmagazins „Monitor“ im Juli 2015 ins Rollen gekommen. Syrische Flüchtlinge hatten vor laufender Kamera von einem Kontaktmann in der deutschen Botschaft in Beirut gesprochen und geschildert, wie das Geschäft lief, was sie dann zahlen sollten. „Es müsse aber geheim bleiben und ich dürfe mit niemanden darüber reden“, sagte ein Familienvater. „150 Euro sollte ich in Berlin bezahlen und 150 Euro sollte meine Frau in der Botschaft bezahlen.“

J. und A. leben derzeit beide in Berlin. Ihre Verteidiger erklärten, „derzeit“ würden sich ihre Mandanten nicht äußern. Der Prozess ist bis 8. Januar terminiert.     

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