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Berlin: Ex-Terrorist Klar sagt Praktikum ab

Eine Boulevardzeitung zeigte Fotos des früheren RAF-Manns vor Berliner Ensemble. Der geht dagegen rechtlich vor und will nun einen anderen Arbeitsplatz suchen

Der kürzlich aus der Haft entlassene ehemalige RAF-Terrorist Christian Klar tritt sein geplantes Praktikum am Berliner Ensemble nicht an. Das bestätigte eine Sprecherin des Theaters am Freitag. Klar befürchte, dass durch die „sensationslüsterne Berichterstattung“ und „die anhaltende Belagerung“ durch Paparazzi das Theater am Schiffbauerdamm, dessen Direktor Claus Peymann und er selbst Schaden nehmen könnten. Das nach 26 Jahren Haft angestrebte Leben in Normalität „scheint unter diesen Umständen nicht möglich“, teilte das Theater mit.

Die Boulevardzeitung „B. Z.“ hatte am Freitag Fotos veröffentlicht, die Klar vor dem Theater zeigten. Das Ex-RAF-Mitglied hatte das Haus am Mittwochabend besucht. Bühnenchef Peymann hatte dem 56 Jahre alten Klar 2004 öffentlich angeboten, als Techniker zu hospitieren. Der Betriebsrat des Theaters hatte sich kürzlich zu Klars geplanter Arbeit geäußert: Der Ex-Terrorist sollte keinen Kontakt zu Zuschauern haben.

Die ersten veröffentlichten Fotos von Klar seit seiner Haftentlassung vor vier Wochen haben für die „B.Z.“ Folgen. Klars Anwalt Heinz-Jürgen Schneider sagte, es sei eine Unterlassungsverfügung erwirkt worden, die eine erneute Verwendung der Fotos untersage. Weitere rechtliche Schritte würden geprüft, so auch ein Schadensersatz.

Nicht nur aus Sicht von Klars Anwälten gefährdet die öffentliche Aufregung das Ziel der Integration des Haftentlassenen in die Gesellschaft. „Die Bilder im Stil von Paparazzi-Fotos zeigen, wie durch solche Veröffentlichungen der Resozialisierungsgedanke konterkariert wird“, sagte der Berliner Anwalt Helge Reich, Experte für Presserecht in der Kanzlei Schertz-Bergmann. Sogenannte kontextneutrale Aufnahmen, also etwa bereits bekannte Porträts, seien hingegen zulässig.

Klar war in den vergangenen Wochen immer wieder wie ein Phantom in den Medien aufgetaucht, ohne dass ihn die Öffentlichkeit zu Gesicht bekam. So hatte im Dezember eine Boulevardzeitung über eine „Willkommensparty“ für den ehemaligen Terroristen in einer linksautonomen Kneipe berichtet. Der Gefeierte tauchte dort aber nicht auf. Jetzt kursieren Vermutungen, dass sich Klar am Wochenende auf den Veranstaltungen zum Gedenken an die 1919 ermordete Kommunistin Rosa Luxemburg zeigen werde. Das hält man in der linken Szene jedoch für unwahrscheinlich.

Kein Verständnis für die ganze Aufregung hat Volker Ludwig, Chef des Grips-Theaters. Er beschäftigt seit mehr als 20 Jahren den früheren RAF- Terroristen Manfred Grashof als Techniker und Schauspieler. Mit Vorliebe spiele Grashof Polizisten, sagt Ludwig. Der Theaterchef hält es für selbstverständlich, dass auch ein ehemaliger Terrorist das Recht habe, durch geregelte Arbeit wieder in die Gesellschaft integriert zu werden. Aus diesem Grund halte sich die Justizverwaltung bei prominenten Straftätern mit der Freigabe von Informationen zurück, sobald sie ihre Strafe verbüßt haben, sagte Justizsprecher Daniel Abbou.

Klars Anwalt Heinz-Jürgen Schneider sagte, sein Mandant bleibe trotz der Aufregung in Berlin, und suche sich hier einen Arbeitsplatz, „bei dem ausgeschlossen ist, dass es so ein mediales Echo gibt“.

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