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Berlin: Expedition auf die Schatzinsel

Zum ersten „Tag der offenen Tür“ im Bode-Museum kamen über 5000 Besucher

Kurz vor 13 Uhr sind die Zeuthener Wolfgang und Inge Reichert fast am Ziel. Nach zweieinhalb Stunden warten nur noch 20 Besucher zwischen ihnen und dem Bode-Museum. Hinter Reicherts stehen geschätzte 1000 Leute in eiserner Geduld, bis zur Ecke Dorotheenstraße. Der erste „Tag der offenen Tür“ im neu eröffneten Bode-Museum übertrifft alle Erwartungen. Über 5200 Besucher kommen bis 18 Uhr ins Haus, vor 15 Uhr lohnt sich das Anstellen am Ende der Schlange nicht mehr. Die Museumsleute teilen mit: „Warten auf eigenes Risiko.“

Als Klaus Lewandowski vom Sicherheitsdienst am Donnerstag um halb neun ins Museum Am Kupfergraben kommt, stehen schon Hunderte auf der Straße. Dabei öffnet das Haus erst um 10 Uhr. Die Neuköllnerin Helga Langguth-Schneider ist eine der ersten – und wartet doch gut eine Stunde. „Ohne Eintrittspreis – die Chance nimmt jeder Berliner wahr,“ sagt sie lachend. Sie hat das Museum durchlaufen, schwärmt von den Flügelaltären, den Bernsteinskulpturen, dem klosterartigen Gobelinsaal. „So viel Eindrücke kann ich gar nicht verarbeiten.“ Sie will sich demnächst in Ruhe alles angucken, und hofft, dass begeisterte Schilderungen ihren Mann auf das Bode-Museum neugierig machen.

Langes Warten auch im Haus: Vor den Toiletten treffen sich alle, die vorm Museum tapfer durchgehalten haben. Der Tisch mit dem Gästebuch wird umzingelt. Viele schaffen es, ein paar Zeilen loszuwerden. „Das frühe Aufstehen um 6 Uhr hat sich gelohnt“, schreiben Dieter und Dagmar, „wunderschön“, lobt Raoul aus Costa Rica, Ehepaar Rogge ist „stolz, dass wir zu den Ersten gehörten, die hier hereindurften. Ein großartiges Museum, wir sind begeistert.“

Der Goldschmied Martin Schneidereit gehört zu denen, die lieber nur im Gästebuch lesen. Ihm gefällt das Haus, aber die „Kulturmischpoke“ verachtet er. Und er versteht nicht,warum so viele Leute filmen und fotografieren, „alles durchs Objektiv wahrnehmen“. Ein Stockwerk höher klagen Leute, sie hätten sich verirrt. Das Personal muss Besucher immer wieder auf den rechten Weg bringen.

Die Skulptur des Heiligen Sebastian verwirrt viele, weil er so metallen aussieht, aber aus Holz ist. Paul und Ulrike Kreutzer aus Hannover stehen staunend vor ihm, sind fasziniert, das Warten habe sich gelohnt. „Aber nach zwei Stunden sehen alle Skulpturen irgendwie gleich aus“, sagt Kreutzer. Klaus Gallas aus Friedrichshain steht in der Runde, bepackt mit einem großen Fotoapparat. Gern hätte er noch das Stativ mitgebracht, aber die Museumsleute sind streng. Es darf nicht geblitzt werden, große Taschen dürfen auch nicht rein, und Jacken, so man sie nicht an der Garderobe abgibt, müssen angezogen werden. Man könnte sonst etwas umstoßen.

Museumsdirektor Arne Effenberger steht zwischen den Besuchern, nimmt „ein Bad in der Menge“. Er ist stolz, dass die Besucher so begeistert sind, auch vom Platzangebot, vom Licht. Das sei die Wirkung, die man nicht einplanen könne. Er ist aber auch besorgt: Mehr als 950 Besucher dürfen aus Sicherheitsgründen nicht gleichzeitig im Haus sein. So gratis könne es natürlich nicht weitergehen. „Wir müssen Geld verdienen, bei 3,4 Millionen Euro Betriebskosten.“

Etwas abseits ein kleiner Bronzekopf. Die Besucher gehen achtlos vorbei. Er zeigt den einstigen Museumsdirektor, dessen Name heute in aller Munde ist: Wilhelm von Bode.

Auch heute ist wieder „Tag der offenen Tür“ im Bode-Museum, von 10 bis 18 Uhr.

Christian van Lessen

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